Wenn die Luft ausgeht – LKW-Pannenhilfe Teil 3

Kommt im Lkw keine Luft auf die Kessel, gibt es kaum eine Chance, den Wagen von der Stelle zu bewegen. Die Druckluftverteilung ist zwar komplex, aber auch recht simpel zu überprüfen

LKW Pannenhilfe
Ein verharztes Vierkeis- Schutzventil kann den ganzen Druckluft-Haushalt durch- einanderbringen. Die Reparatur ist überschaubar

Dass die Bremsen und oft auch die Schaltung eines Lkw per Druckluft gesteuert werden, ist eine der großen Unterschiede schwerer Laster zu Fahrzeugen unterhalb von 7,5 Tonnen Gewicht. Je nach System gibt es nur noch auf den letzten Zentimetern innerhalb der Bremse eine hydraulische Aktivierung, den Rest regelt die Pneumatik. Da beim Komprimieren der Luft Feuchtigkeit entsteht, ist es mittlerweile Stand der Technik, dass die Luft mithilfe eines Lufttrockners getrocknet wird. Gelangt doch Feuchtigkeit oder Öl in die Luftleitungen, können Ventile verharzen und korrodieren. Je älter ein Wagen also ist, desto wahrscheinlicher wird es, dass einmal ein Ventil klemmt – egal ob in offener oder geschlossener Position.

Das Mehrkreis- oder Vierkreis-Schutzventil kann beispielsweise auf diese Weise klemmen, es kann aber auch ganz einfach durch seine korrekte Funktion ein Losfahren verhindern: Das Ventil sorgt dafür, dass es bei unnormalem Druckabfall die Verteilung in den scheinbar defekten Kreislauf unterbricht und damit dafür sorgt, dass alle anderen Systeme weiter mit Luft bedient werden. Der Grund ist einfach: Nur weil die Leitung zum luftgefederten Sitz abreißt, soll hier nicht die gesamte Luft entweichen, die für die Funktion der Bremsen nötig ist. Deshalb ist es auch besonders wichtig, bei Nachrüstungen diese immer an den vierten (Nebenverbraucher) oder maximal dritten (Anhänger-)Luftkreislauf anzuschließen.

Die Reihenfolge beim Befüllen ist festgelegt: Zuerst werden die Kreise eins und zwei befüllt, erst wenn diese ihren Normdruck erreicht haben, öffnet das Ventil die weiteren zwei Kreise. Schafft es der Wagen also beim Start gar nicht erst, die ersten zwei aufzufüllen, ist eine Suche nach Leckagen in den Nebenkreisen überflüssig. Möglich ist, dass Luft durch das Steuerventil der Anhängerbrems­leitungen entweicht, da dieses an den Kreisen eins und zwei mit angeschlossen ist. Sollte einmal der Luftpresser am Motor vollständig ausfallen, kann über ein Ventil am Druckregler Fremdluft eingespeist werden. Oft ist dieser Anschluss an die Fahrzeugfront umgelenkt, damit beim Schleppen eine Druckluftleitung ange­klemmt werden kann.

In den meisten Fällen ist kein einziger großer Defekt für mangelnden Betriebsdruck verantwortlich – diesen würde man mit bloßem Auge und Ohr sehr schnell ausmachen und mit geeigneten Mitteln auch genauso schnell reparieren können. Oft sind es schleichend zunehmende Undichtigkeiten, die eines Tages dafür sorgen, dass es der Anlage nicht mehr oder nur noch bei hohen Motordrehzahlen gelingt, ausreichend Luft zu fördern.

Lufttrockner defekt oder undicht

 

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Wenn Luft komprimiert wird, fällt dabei Wasser aus, das nicht in die Speicher und Ventile gelangen darf, deshalb durchläuft die vom Motor kommende Druckluft einen Lufttrockner. Dass die Trocknerpatrone der Grund für einen Defekt ist, kommt nur selten vor, jedoch können bei älteren Fahrzeugen die Dichtungen am Trocknergehäuse undicht werden. Auch möglich: Der Abschaltdruck des Druckreglers, oft per Ventil in direkter Nähe zum Lufttrockner einstellbar, hat sich verstellt.

 

Vierkreis-Schutzventil klemmt

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Von der Hauptleitung läuft die Druckluft durch den Trockner und von dort zum Vierkreis-Schutzventil. Dies verteilt die Luft an alle vier Leitungssysteme des Lkw (1. + 2. Bremskreis, Feststellbremse, Nebenverbraucher). Bei langen Standzeiten und älteren Fahrzeugen kann es passieren, dass es verharzt und klemmt. Es zu zerlegen und zu reinigen ist genauso einfach, wie ein neues Ventil einzusetzen, das es ab circa 60 Euro zu kaufen gibt – und als Ersatzteil immer mitreisen sollte.

 

(Haupt-)Leitung undicht

 

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Der häufigste Fehler, wenn die Kessel nur langsam oder gar nicht auf Betriebsdruck kommen, ist eine Undichtigkeit im Leitungssystem. Je näher diese am Motor liegt, desto schwerer ist sie auszumachen, und das aus zweierlei Gründen: Der Motorenlärm übertönt das Geräusch der aus­tretenden Luft, die zudem aufgrund der dicken Luftleitung deutlich weniger Lärm verursacht, als würde eine dünne, hinter dem Speicher als Puffer liegende Leitung durch ein Loch Luft verlieren.

 

Luftpresser defekt

 

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Auch wenn es theoretisch der Fall sein kann, dass der am Motor angeflanschte Kompressor ausfällt, ist es doch ein eher seltenes Szenario. Dann aber ist es umso problematischer, denn einen passenden Ersatz zu finden, kann gerade für alte Lkw unterwegs zu einer schwierigen Aufgabe werden. Wer davor Angst hat, muss einen vollständigen Ersatz dabeihaben (ab 600 Euro), zumindest aber einen Satz passender Dichtungen oder, besser noch, einen vollständigen Reparatursatz.

 

Transportable Kompressoren: Nützliches Back-up?

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Wenn die motorseitige Luftbeschaffung vollständig ausfällt, lässt sich der Lkw zwar zum Rollen durch Lösen der Federspeicher überreden, abgebremst werden kann der Wagen dann aber nur durch Einlegen eines kleineren Ganges und schlussendlich durch Abwürgen des Motors. Mit einem leistungsstarken elektrischen Kompressor ließen sich die Kessel zumindest provisorisch für einige Brems- und Schaltmanöver befüllen, das funktioniert jedoch nur mit Geräten, die acht Bar Druck und mehr verlässlich bereitstellen.

 

In Teil 1 der Lkw Pannenselbsthilfe ging es um Startschwierigkeiten.

In Teil 2 ging es um die Kraftstoffversorgung.

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