Sind Sie schon einmal während einer Reise erkrankt, etwa, nachdem Sie von einer Mücke gestochen wurden oder weil Sie ein landestypisches Essen nicht vertragen haben? Das zehrt an den Kräften! Aber sicherlich wären Sie – in Erinnerung an die positiven Erlebnisse – dennoch aufgebrochen, hätten Sie es im Vorfeld gewusst. Schließlich wird man in den meisten Fällen doch wieder gesund. Wie ist es aber, wenn man bereits vorher schon chronisch krank ist – sollte man sich deshalb davon abhalten lassen, eine längere Reise anzutreten? Schließlich sorgen allein schon einige Gedanken für Kopfzerbrechen, beispielsweise wie die Medikamentenversorgung im Ausland sein wird und wie sich die anderen Umstände auf den Organismus auswirken. Manch einen kann das abschrecken – unter anderem auch einige Diabetiker. Diabetes ist eine Volkskrankheit. Auf der ganzen Welt sind bereits über 400 Millionen an ihr erkrankt, Tendenz steigend.
Doch die Krankheit sollte kein Ausschlusskriterium für eine große Reise sein, allein unter den gut sieben Millionen Betroffenen in Deutschland gibt es vermutlich jede Menge Overlander. Wie können sich Diabetiker auf eine Reise vorbereiten? Was können sie vor Ort machen, um sich und ihren Mitreisenden die Sorge um gesundheitliche Zwischenfälle zu nehmen?
Im Straßenverkehr
Bevor die Reise beginnen kann, ein Blick in den Alltag: Fast alle Diabetiker dürfen ein Fahrzeug führen. Klingt plausibel? So einfach war es nicht immer, denn gerade Bus- und Berufskraftfahrer befanden sich in einer Grauzone. Teilweise wurde ihnen der Führerschein verweigert, da sie im Straßenverkehr eine Gefahr darstellen würden – in vielen Fällen unbegründet. Sie wurden in ihrem Beruf und ihrem privaten Umfeld zum Teil deutlich eingeschränkt, so auch Overlander, die im Lkw verreisen wollen. Um diese Unklarheiten aus dem Weg zu räumen, gleichzeitig aber die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen, erstellten Experten der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) eine „Leitlinie für Diabetes und Straßenverkehr”. Darin bewerten sie auf wissenschaftlicher Grundlage die Fahrtauglichkeit verschiedener Krankheitsbilder von Diabetikern.
Unter anderem klärt die Gesellschaft auch auf, dass das Unfallrisiko von Zuckerkranken nicht einmal 20 Prozent höher sei wie das der Allgemeinbevölkerung. Dabei sei etwa jeder zehnte Führerscheinbesitzer von der Krankheit betroffen. Dies ist nun aber kein Freifahrtschein: Es gibt einige Ausnahmen. Allen voran Menschen, die nicht ausreichend behandelt werden oder mehrmals im Jahr unter einer starken Unterzuckerung leiden. Vom Straßenverkehr ausgeschlossen werden dürfen laut der Leitlinie auch Menschen, bei denen durch Diabetes – eventuell sogar aufgrund einer weiteren Erkrankung – eine verkehrsgefährdende Gesundheitsstörung entstehen könnte. Ob in einem solchen Fall der Betroffene am Straßenverkehr teilnehmen darf oder nicht, testet und entscheidet ein Arzt. Er darf ein ärztliches Fahrverbot aussprechen, falls er den Patienten als Gefährdung im Straßenverkehr einstuft. Zur Einstufung kann er die Leitlinie anwenden, die auch dabei behilflich sein kann, den Patienten so zu schulen, dass eine Unterzuckerung gar nicht erst zustande kommt. Um Unterzucker während der Fahrt zu vermeiden, ist es ratsam, zuvor den Blutzucker zu messen und für den Notfall schnell verfügbare Kohlenhydrate, wie Traubenzucker, parat zu haben.
7 Millionen Menschen sind in Deutschland an Diabetes erkrankt. Tendenz steigend
Vorbereitung auf die Reise
Nur die wenigsten Diabetiker haben bereits seit ihrer Kindheit die Krankheit, leiden also an Diabetes mellitus Typ 1, und sind entsprechend sicher im Umgang damit. Die übrigen 90 Prozent gehören Typ 2 an, im Alter ab 65 Jahren nimmt die Zahl der Betroffenen zu, die meisten von ihnen müssen die Behandlung dann erlernen. Wenn man das Handicap erst einmal in den Alltag integrieren muss – wie lässt sie sich erst mit einer Reise vereinbaren, wo jeder Tag anders gestaltet ist, es nur selten einen klaren Tagesablauf gibt? Hier gilt: Eine gute Vorbereitung und Organisation sind alles. Unabhängig vom Diabetes-Typ ist ein Besuch beim Arzt vor einer geplanten Tour generell ratsam – nicht zuletzt, um etwas über notwendige Impfungen zu erfahren, denn Krankheiten können bei Diabetikern schwerer verlaufen.
Impfungen sind allerdings auch nur dann ratsam, wenn der Stoffwechsel gut eingestellt ist, da der Betroffene ansonsten anfälliger für Infektionen ist. Lassen Sie sich von Ihrem Arzt eine mindestens zweisprachige Bescheinigung aushändigen, dass Sie Diabetiker sind und daher Medikamente wie Insulin mit sich führen dürfen – bei Grenzkontrollen oder auch bei Flugreisen kann die Bescheinigung erforderlich sein. Prüfen Sie außerdem, ob Ihre Auslandskrankenversicherung Leistungen für chronische Krankheiten übernimmt – ansonsten zahlt sie im diabetologischen Notfall die Kosten höchstwahrscheinlich nicht.
Im Vorfeld sollte man sich darüber informieren, wie die geläufigen Produkte im besuchten Land heißen. Verschiedene Blutzucker-Messgeräte parat zu haben, ist ratsam, falls eines beispielsweise in verschiedenen Höhenlagen nicht richtig funktioniert. Wer sich nicht auf Produkte im Ausland verlassen will (teilweise sind Fälschungen im Umlauf) oder dort vielleicht auch nur schwer Zugang zu ihnen hat, der sollte sich vorab eine ausreichende Menge an Insulin, Teststreifen und Penkanülen einpacken. Wie viel man etwa benötigt, lässt sich berechnen, indem man über einen längeren Zeitraum ein Diabetes-Tagebuch führt und die entsprechende Menge auf die Reisezeit hochrechnet – das hat jedoch nur auf kürzeren Urlauben Sinn, da das Insulin auch gekühlt nach einigen Wochen abläuft und man im Fahrzeug schließlich auch noch Platz für weiteres Gepäck benötigt. Komplizierter wird es bei der Einreise nach Neuseeland, denn hier darf man maximal die Dosis für einen Monat einführen. Erforderlich ist dort außerdem der englischsprachige Nachweis des Arztes, dass die Medikamente für den medizinischen Zweck erforderlich sind. Während der Reise können Diabetes-Dolmetscher hilfreich sein. Im Internet sind Übersetzungen der wichtigsten Begriffe in verschiedensten Sprachen aufgeführt.

Worauf sollte man unterwegs achten?
Beginnt man seine Reise mit dem Fahrzeug von zu Hause aus, ist der Umgang mit verschiedenen Zeitzonen einfacher, als wenn man mit dem Flugzeug innerhalb kurzer Zeit mehrere davon überspringt – dann wird es nämlich anspruchsvoll. Je nachdem, wie weit man gen Ost oder West fliegt, sollte man die Insulinanpassung vorab mit dem Arzt besprechen. Empfehlenswert sind generell Blutzuckerkontrollen zwischendurch, um den Insulinspiegel gegebenenfalls anpassen zu können – auch unterwegs mit dem Fahrzeug. Bei der Planung des Proviants empfiehlt es sich, Verzögerungen im Straßenverkehr wie Staus und Grenzkontrollen einzukalkulieren, um eine Unterzuckerung zu vermeiden.
Neben verschiedenen Zeitzonen kommen auf Reisen mehrere Faktoren zusammen, die den Körper durcheinander bringen können. Stress, Überlastung und auch mehr Bewegung als im Alltag können beispielsweise dafür sorgen, dass er mehr Zucker verbraucht. Auch Ernährung spielt eine große Rolle: In manchen Ländern setzen sich die Speisen aus einem anderen Kohlenhydratgehalt zusammen, dann muss der Blutzuckerspiegel eventuell angepasst werden. Besonders Diabetiker sollten bei Speisen im Ausland aufpassen, um Magen-Darm-Erkrankungen zu vermeiden, da diese den Stoffwechsel durcheinander bringen. Genauso sollten sie auf Eiswürfel verzichten und Wasser nur aus original verschlossenen Flaschen trinken – allgemeingültige Tipps zur Reisegesundheit.
Wie lagert man Insulin?
Diabetiker wissen, dass Insulin generell weder zu kalt, noch zu warm gelagert werden darf: Zwischen zwei und acht Grad Celsius ist die Temperatur ideal, so halten sich ungeöffnete Ampullen am längsten. Angebrochene Ampullen lagert man am besten bei Zimmertemperatur, damit das Insulin nicht zu kalt in das Blut gespritzt wird. Ein regelmäßiger Blick auf das Haltbarkeitsdatum ist empfehlenswert, unter anderem auch auf das der Teststreifen. Dementsprechend gilt, erst die Produkte verbrauchen, die als nächstes ablaufen. Keinesfalls darf Insulin Temperaturen über 40 Grad ausgesetzt werden. Deshalb sollte es auch im Fahrzeug nicht unter direkte Sonneneinstrahlung geraten. Bilden sich Schlieren, weiße Flocken oder Trübungen, deutet das meist auf unbrauchbares Insulin hin – im Zweifel also lieber entsorgen.
In den meisten Reisefahrzeugen lässt sich das Insulin problemlos in der Kühlbox kühlen, sofern sie nicht zu kalt eingestellt ist. Es sollte außerdem nicht direkt neben dem Kühlakku oder der Wand zum Verdampfer lagern. Für unterwegs eignen sich mit kaltem Wasser gefüllte Thermoskannen oder Kühltaschen. Eine nützliche Hilfe: Die Verdunstungskühltaschen von Frío aktivieren ihre Kühlfunktion durch Wasserkontakt. In kalten Regionen sollte man das Insulin dicht am Körper unter der Jacke tragen. Auch wenn chronische Krankheiten wie Diabetes den Tagesablauf beeinflussen, sollten sie für Reisende keine Hürde darstellen. Es erfordert lediglich einen größeren organisatorischen Aufwand im Vorfeld und auch während der Reise sowie mehr Achtsamkeit auf das eigene Wohlbefinden.
Über- und Unterzuckerung
Reisen Sie gemeinsam mit einem Diabetiker, sollten Sie auch als Begleitung stets aufmerksam sein und Anzeichen für Über- und Unterzuckerung erkennen können. Können Sie die beiden Arten im Notfall nicht unterscheiden, geben Sie ihm lieber ein Stück Zucker, da Unterzuckerung gefährlicher ist als Überzuckerung. Da der Zuckerspiegel sowieso bereits hoch ist, macht die kleine Menge kaum einen Unterschied. Im besseren Fall führt der Diabetiker Glucose-Teststreifen mit sich, um den Blutzucker messen zu können. Den Umgang damit kann ein Arzt den Angehörigen im Vorfeld erläutern.
Überzuckerung
Hat der Betroffene zu viel Zucker zu sich genommen, kommt es zu einer Überzuckerung. Sie entwickelt sich über einen längeren Zeitraum, teilweise über Stunden hinweg, sodass der Patient die Überzuckerung meist selbst bemerkt.
Symptome: Langsame Atmung, Fieber, starkes Durstgefühl, hoher Harndrang, Müdigkeit, Übelkeit und Schwindel bis hin zur Bewusstlosigkeit
Behandlung: Insulin spritzen. Das kann der Diabetes-Patient in den meisten Fällen selbst, da sich die Überzuckerung häufig über Stunden hinweg entwickelt. Viel trinken hilft außerdem.
Unterzuckerung
Die Unterzuckerung ist gefährlicher als die Überzuckerung, da sie innerhalb von einigen Minuten erste Symptome aufzeigt und den Diabetiker und seine Mitreisenden überraschen kann. Unterzuckerung kann durch hohe körperliche Belastung entstehen, wenn sich der Diabetiker zu viel Insulin gespritzt hat oder auch bei erhöhtem Alkoholkonsum ohne zusätzliche Nahrungsaufnahme.
Symptome: Kalte, feuchte Haut, schneller Puls, Blässe, Kopfschmerzen, Heißhunger, Unruhe, Zittern, Konzentrationsstörungen, Bewusstlosigkeit
Behandlung: Bei Unterzuckerung muss sofort gehandelt werden. Etwas zu Essen (vor allem kohlenhydrathaltig) oder etwas zuckerhaltiges zu Trinken, wie Apfelsaft, können helfen. Ist der Diabetiker bewusstlos, unbedingt den Rettungsdienst rufen. Ist dieser nicht in Reichweite, darf man dem bewusstlosen Diabetiker nichts zu Essen geben, da es in die Luftröhre gelangen könnte. Lediglich ein Stück Traubenzucker kann eine Besserung bewirken, indem man es unter die Zunge oder in die unten liegende Wange legt. Der Zucker wird über die Schleimhäute aufgenommen. Hat der Diabetiker eine Glucagon-Notfallspritze dabei, können Angehörige das Hormon spritzen – jedoch nur, wenn sie Erfahrung haben.
Das gehört ins Reisegepäck
- Impfpass
- Internationaler Diabetes- und Notfallausweis
- Ärztliches Attest für Grenzkontrolle und Flüge
- Umfangreiche Kranken- und Reiserücktrittsversicherung
- Kühlmittel für Medikamente
- Reiseapotheke für das Hand-/Tagesgepäck
- Kohlenhydrate für den Notfall wie Traubenzucker oder Flüssigkeits-Zuckerstreifen
- Medikamente, die regelmäßig eingenommen werden müssen
- Blutzuckermessgeräte
- Insulinpens und -spritzen, ausreichend Blutzucker-Teststreifen etc.
- Diabetes-Dolmetscher
- Glucagon-Notfallspritze
- Badeschuhe (zur Vorbeugung des diabetischen Fußsyndroms)