Er fährt sich wie ein Sack Nüsse, es regnet rein und die Ausstattung ist mit „spartanisch” noch sehr wohlwollend umschrieben. Die Beschleunigung gleicht der eines Tretrollers, er rostet schneller als er fährt, die Lenkung ist unpräzise, der Wendekreis riesig und die Kurvenlage haarsträubend. Es zieht und es ist laut im Samurai.
Endet aber die Straße und geht in knietiefen Morast, einen Geröllhang oder eine Schneewehe über, ist alles Leid sofort vergeben und vergessen. Man möchte den Kleinen unweigerlich zum Spielen schicken. Den Allradantrieb zugeschaltet, die Untersetzung zugeschaltet und schon ochst der Japaner mühelos über Stock und Stein. Dank des sehr kurzen Radstandes von 2,03 Metern und lediglich 1,30 Metern Spurbreite, ist der Samurai auf der Straße keine Offenbarung, abseits davon jedoch eine Bank. Trotz nicht ab Werk erhältlicher Differentialsperren (die gab es nur im Zubehör), gehört er zu den geländegängigsten Serienfahrzeugen überhaupt. Leiterrahmen, Untersetzung und beeindruckende Böschungswinkel (42 Grad vorn, 34 Grad hinten) unterstreichen die Ambitionen. Und mit nur einer Tonne Leergewicht schwebt er noch über den Dingen, wenn sich rollende Offroad-Sofas bereits hoffnungslos einbuddeln. Vorausgesetzt, man hat den manuellen Freilauf an den Radnaben verriegelt. Ansonsten bewegen sich zwar alle Getriebe, unterm Strich fährt man jedoch nur mit Heckantrieb – ein gängiger Fauxpas stolzer Mietwagenpiloten. Selbst den lächelt der Samurai höflich weg. Zumindest, wenn anstelle der Standard-Pneus mindestens griffige AT-Reifen montiert wurden. Für mehr Bodenfreiheit am besten auch die Räder gleich eine Nummer größer wählen.
Suzukis Baureihe der kompakten Klein-Geländewagen startete 1970. Auf die LJ-Modelle folgte ab 1981 der globale Siegeszug der SJ-Baureihen mit dem SJ410 (1981 bis 1988), dem SJ413 (1984 bis 1990) und schließlich dem Samurai (1988 bis 2004). Der Sprung vom SJ410 zum SJ413 war groß: Fünf- statt Vierganggetriebe und neue Motoren (64/60 PS anstelle von mickrigen 45 PS) waren ein ordentliches Upgrade. Die Unterschiede zwischen SJ413 und Samurai waren da eher kosmetischer Natur. Ab Sommer 1990 ersetzte ein 69-PS-Einspritzer mit geregeltem Katalysator den Vergasermotor (die Diesel gelten als wenig empfehlenswert). Ansonsten wanderten während der Modellevolution Scheinwerfer und Blinker von der Stoßstange in die Frontblende, die seitlichen Blinker hinter die Radläufe. Die Optik des Grills änderte sich gleich mehrfach. Die Spur wurde um 90 Millimeter breiter.
Bei allen Varianten und Lizenzbauten den Überblick zu behalten, fällt tatsächlich schwer. In Übergangsjahren wurden unterschiedliche Baureihen aus verschiedenen Werken auch gleichzeitig auf dem Markt angeboten. Da hilft nur der Blick auf die Fahrgestellnummer: Japanische Samurais beginnen mit den Ziffern JSA, die aus dem spanischen Santana-Werk mit VSE. Japaner sind die erste Wahl. Spanische Samurais (ab Mitte der 90er) haben nicht die identische Offroad-Performance, sind anfälliger und rosten schneller. Von Korrosionsschutz ab Werk hielt man bei Suzuki eh nicht viel. Daher blüht und bröselt es fast überall. Glück im Unglück: Die Technik und die Leiterrahmen sind häufig intakt, während der Rest bereits einem Schweizer Käse ähnelt. Der Mini-Kraxler wuselt sich erstaunlich störungsfrei durch Busch und Schlamm. Als Alltagsfahrzeug ist der Samurai jedoch eher zweite Wahl. Technik, Komfort, Abmessungen und Gewicht wurden konsequent auf das notwendige Minimum reduziert. Dieser Purismus ist am ehesten mit dem Lada Niva/Taiga vergleichbar. Aber selbst der hat bereits einen 20 Zentimeter längeren Radstand, ist um ebenso viele Zentimeter breiter und fast 300 Kilo schwerer. In Sachen Rost liefern sich Russe und Japaner hingegen ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
Der Samurai ist eine zuverlässige und bezahlbare Basis für tolle Offroad-Touren. Komfort-Features, Assistenzsysteme und Stadtauto-Spielereien sucht man vergebens. Die größte Hürde ist die Zuladung: Magere 300 Kilo fordern eine Auflastung oder reichen gerade so für ein Dachzelt (Dachlast: 50 Kilo) und die nötigste Ausrüstung. 40 Liter Tankinhalt sind zu wenig. Die maximal 329 Liter Kofferraumvolumen (Van) lassen sich durch Entfernen der hinteren Sitze etwas reisetauglicher machen. Wer damit leben kann und einen Samurai in gutem Zustand findet: Kaufen und sofort in Wachs baden!
Globaler Erfolg
Ob Cabrio, Pritsche oder Kombi – ein Fahrzeug in unverbasteltem, tadellosem Zustand findet man selten. Schrauber kommen mit der simplen Technik meist gut zurecht. Die Teileversorgung ist gewährleistet, die Preise hierfür angenehm. Gebrauchte Samurais scheinen jedoch weltweit gesucht zu sein. Die Preise für erhaltenswerte Modelle ziehen seit Jahren kräftig an.
Globale Verwirrung
SJ-Modelle wurden in Übersee als Sierra vertrieben, in Indien als Maruti Gipsy (gebaut bis 2019), in Japan als Jimny, aber auch als Mazda. 4×4 Strada hießen sie in der Schweiz, in Australien Holden Drover. In Spanien lief ein Lizenzbau namens Santana vom Band. Der SJ war somit rund um den Globus im Einsatz – wie hier für die Feuerwehr von New South Wales, Australien.
Interessante Links
suzuki-offroad.net – Forum für LJ, SJ/Samurai, Vitara, Jimny
offroad24.de – Fahrwerksteile, Zubehör
4-wheel-parts.de – Fahrwerksteile
sk4x4sports.de – Fahrwerks-/Antriebsteile
stockundstein.com – Karosserie-/Reparaturteile