Kontrollposten von Polizei oder Militär sind in vielen Ländern der Welt alltägliche und meist unumgängliche Fixpunkte, je nach Staatsform und Gefährdungslage durchfährt man gleich mehrere solcher Stationen an einem Tag. Oft wird man dabei als Reisender lautstark willkommen geheißen und fröhlich durchgewunken. Was aber tun, wenn dem nicht so ist?
Wenn es sich an einem Checkpoint nicht nur um eine Gruppe von Polizisten handelt, die ihren Job einfach nur sehr ernst nehmen, sondern die ihre Position missbrauchen? Die Geld verlangen, Ausweise einbehalten oder einen einfach nur mal so richtig ärgern wollen? Uns Reisenden, die nicht tagein, tagaus im Alltag durch Checkpoints geschleust werden, die im Hinterkopf das Bild von Uniformierten als Freund und Helfer gespeichert haben, fällt es in solchen Momenten schwer, sich korrekt zu verhalten. Selbst nach vielen Reisejahren ändert sich daran wenig, es sei denn, man ist ausschließlich in derselben Region unterwegs.
Wie verhalte ich mich möglichst richtig?
Da fängt das Dilemma schon an: Was in dem einen Land, in der einen Provinz angemessen ist, sich als Lösungsweg erwiesen hat, kann an einem anderen Ort der völlig falsche Ansatz sein. Hier reicht es, eine Kopie der Dokumente vorzuzeigen, dort gilt nur der originale Reisepass mit Visum als offizielles Ausweisdokument, ist das Aushändigen von Kopien schon Grund genug für Stress. In dem einem Land sollte man sich dem gekennzeichneten Checkpoint langsam nähern, in einem anderen Land fällt man damit eher negativ auf. Überhaupt: Eine Situation steht und fällt immer mit den Menschen die involviert sind. Was bei dem einen funktioniert, geht bei dem anderen schief. Da jede Situation anders und einzigartig ist, können die folgenden Denkansätze nur übergeordnete Verhaltenstipps sein.
Umso wichtiger ist es, eine positive und offene Grundeinstellung zu behalten. Wenn ich von vornherein schon annehme, es könnte brenzlig werden, verhalte ich mich defensiv. Auf nette und höfliche Weise Interesse zu zeigen oder die Kinder aus dem Fenster schauen zu lassen, kann dagegen viele Türen öffnen – und Menschen mit finsteren Absichten vielleicht doch noch auf andere Gedanken bringen.
Jegliches aggressive, laute Verhalten sollte vermieden werden, denn es erweckt den Eindruck, etwas verbergen zu wollen. Natürlich ist das in so einer Situation einfacher gedacht als getan. Auch herablassendes oder rechthaberisches Verhalten kommt nicht gut an. Humor könnte die Situation entschärfen, auf der anderen Seite aber auch komplett missverstanden werden. Wer die Landessprache nicht fließend beherrscht, sollte sich von dieser Taktik verabschieden. Überhaupt: Ist es eine Möglichkeit, sich nur auf seine Landessprache zu beziehen und zu hoffen, dass man mich frustriert schnell wieder gehen lässt? Oder animiere ich die Beamten mit der (künstlich geschaffenen) Sprachbarriere dazu, noch härter durchzugreifen? Diese Entscheidung muss schnell und rechtzeitig fallen: Wechsle ich am Anfang noch ein paar Floskeln in der Landessprache oder einer dort populären Amtssprache, ist es sehr durchschaubar, plötzlich nichts mehr verstehen zu wollen. Nicht selten ist es hilfreich, mehr zu verstehen, als mein Gegenüber möglicherweise erwartet.
Ist das überhaupt echt und legal?
Bürgerwehren, Milizen, Zivilpolizei, Banditen in (gefälschter) Uniform, Militär – nicht selten ist nicht einmal klar, wer, was und warum einen gerade an der Weiterfahrt hindert. In Kolumbien kann man unter der Notfallnummer der Polizei (123) nachfragen, ob es sich überhaupt um einen legalen Checkpoint oder echten Polizisten handelt. In Südamerika ist die App Waze sehr beliebt, in der Kontrollen eingetragen sind. Auch andere Reisende in derselben Gegend sind eine gute Informationsquelle: Für Overlander gibt es beispielsweise eine WhatsApp-Gruppe für Afrika. Dort gibt es im besten Fall Feedback, ob jemand eine ähnliche Situation erlebt hat, oder es kann jemand zu Hilfe kommen, der vielleicht gerade in der Nähe ist. Demjenigen, der die Straßensperre aufgebaut hat, ist es nämlich egal, ob man weiß, dass das nicht legal ist, was gerade passiert. Am Ende entscheidet hier das Recht des Stärkeren. Und der Stärkere ist zunächst selten der Tourist.
Wer kann mir helfen?
Wichtige Telefonnummern und Kontakte sollten immer in greifbarer Nähe und das eigene Telefon eine verlässliche Möglichkeit sein, lokale Telefonnummern anrufen zu können. Vorsicht also bei Prepaid-Karten, die im unpassendsten Moment mangels Guthaben ausfallen könnten. Eine wichtige Option ist, die Notfallnummer der Deutschen Botschaft zu kontaktieren. Diese ist rund um die Uhr erreichbar. In manchen Ländern kann man sich auch an die Niederlassungen anderer EU-Länder wenden, wenn man denn EU-Bürger ist. Weniger offiziell, und gerade deshalb eine gute Idee, kann es sein, Grenzbeamte oder Einheimische als Kontaktpersonen zu nutzen. Sind die Grenzbeamten bei der Einreise nett und hilfsbereit, ist es empfehlenswert, sich deren Namen und Telefonnummern zu notieren und zu fragen, ob man bei Problemen anrufen darf. Das funktioniert besonders gut an kleinen Grenzposten in weniger stark von Touristen erschlossenen Ländern. Aber auch einheimische Reisebekanntschaften können in diesem Moment hilfreich zur Seite stehen, wenn man sie im Notfall anruft und um Übersetzungshilfe bittet. Ebenso kann man es mit sympathischen Menschen vor Ort halten, die sich in der direkten Umgebung aufhalten.
Öffentlichkeit – ein hilfreicher Schritt
Dritte mit der Bitte um sprachliche Vermittlung in den Konflikt einzubeziehen, hat noch einen weiteren Nutzen: Der Austausch findet nun nicht mehr nur zwischen dem Uniformierten und dem Touristen statt, sondern hat automatisch weitere Zuhörer. Ungerechtfertigte Forderungen auszusprechen, fällt damit nicht mehr so leicht – umgekehrt kann man als Betroffener an der Reaktion des Dolmetschers bestenfalls ablesen, wie normal oder unnormal der Vorgang gerade ist.
Wer Dritte mit in den Konflikt einbezieht, schafft Öffentlichkeit, das kann helfen
In Gesprächen sollte der oberste Grundsatz sein, sachlich, höflich und selbstsicher zu bleiben und so kurz wie möglich zu antworten. Vorwürfe sollte man immer verneinen, aber auch niemanden beschuldigen. Ruhig zu bleiben und sich nicht provozieren zu lassen, wenn die Stimmung aufgeladen ist, man möglicherweise geschubst oder anders eingeschüchtert wird, ist sicher nicht leicht. Hierbei kann es helfen, sich einen Satz zurechtzulegen wie: „Es wird sich bestimmt alles klären“, an dem man sich, auch durch regelmäßiges Wiederholen, entlanghangeln kann.
Wenn die Verständigung aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse auf beiden Seiten überhaupt nicht läuft und sich die Stimmung nicht beruhigt, sollte konsularischer Beistand oder ein Übersetzer zu Hilfe geholt werden. Je offizieller dieser ist, desto weniger lässt sich die Situation auf kurzem Weg noch lösen.
Was tun, wenn man versucht, mir etwas anzuhängen?
Die Papiere wurden kontrolliert, die Polizisten verlangen ohne ersichtlichen Grund, das Auto zu durchsuchen. Und jetzt? Wenn auch höfliches Protestieren oder Doofstellen nichts bringt, bleibt nichts anderes übrig, als die Türen zu öffnen. Schaut der Beamte nun im Auto in jedes Fach und jede Ecke, sollte man dessen Hände, wenn möglich, immer im Blick behalten. Im Idealfall filmt man den Beamten bei der Durchsuchung, das Verwenden einer Kamera wird die Situation aber beinahe garantiert weiter eskalieren lassen – ohnehin ist das Filmen und Fotografieren an Militär- oder Polizeikontrollen in aller Regel verboten. Es kann also höchstens heimlich geschehen. Was immer unbemerkt möglich ist und später möglicherweise noch hilfreich sein kann: Das Gespräch mit dem Smartphone aufzuzeichnen.
In vielen Ländern ist es zudem immens wichtig, das Gesicht zu wahren. Den involvierten Personen sollte also in jeder Situation immer ein Ausweg gelassen werden. Steht eine Beschuldigung wie: „Das haben Sie doch im Auto platziert“, im Raum, ist es schwer, diese zurückzunehmen. Aussagen wie: „Ich weiß nicht woher das kommt, das gehört mir nicht, das habe ich noch nie gesehen“, sind daher deutlich besser, weil unverbindlich. „Wir würden gerne weiterfahren und das alles vergessen“, oder darauf hinweisen, dass man das Land in guter Erinnerung behalten möchte und was man alles tun möchte, können helfen, die Situation zu entspannen. Stellen Sie sich auch die Frage: Wurde der Vorfall „nur“ konstruiert, um Geld zu erpressen, geht es um etwas anderes, auf persönlicher, sozialer Ebene, besteht möglicherweise auch eine politische Motivation? Oder sind es schlichtweg nur sehr beflissene, ehrenhafte Beamte, die ihrerseits unter hohem Druck stehen und im Umgang mit Touristen nicht geübt sind? Wichtig ist, dass nur extrem abgeklärte und erfahrene Reisende so eine Situation versuchen sollten aufzulösen, indem sie einfach weiterfahren. Ein Mittelweg aber kann es sein, den Konflikt durch Nebensächlichkeiten etwas mehr Breitenwirkung zu verleihen. Bei Straßenkontrollen ist hier der einfachste Punkt, der Aufforderung, den Weg für den nachfolgenden Verkehr freizumachen, nicht nachzukommen.
Positiv denken. Und nicht zahlen
Wie ich mich als Reisender in einer solchen Situation verhalte, bereitet den Weg für die, die nach mir kommen, im positiven wie im negativen Sinne. Gut möglich, dass die Zahlung eines hohen Schmiergeldes oder andere Zugeständnisse dazu führen würden, den Konflikt zu beenden. Es bleibt aber die schlechteste Lösung.