Einst Feuerwehr jetzt Camper: Die Wandlung eines Mercedes 917 AF

Marcus Wenk baute, umgeben von der märchenhaften Kulisse des Alten Landes, eine alte Feuerwehr zu seinem Traumfahrzeug auf

Ist es nun eine Feuerwehr oder ein Camper? Marcus Wenk spielte gekonnt mit dem Blaulicht-Charme des Basisfahrzeuges

Es fühlt sich an wie in einem Märchen, wenn man durch die engen Straßen von Jork fährt. Links und rechts hübsche Fachwerkhäuser, die Straße schlängelt sich an einem schmalen Fluss entlang, darüber führen kleine Brücken – welch ein Paradies. Mittendrin, hinter einem kleinen Deich, steht ein Feuerwehrfahrzeug auf dem Hof von Marcus Wenk. Sympathisch sieht es aus, fast, als schaue man in dieser Region südlich von Hamburg nur noch durch eine rosarote Brille. Wahrscheinlich liegt das nicht zuletzt daran, dass die rund 18 Millionen Apfelbäume des Alten Landes dicht behängt mit roten, saftigen Äpfeln sind. Sie leuchten fast so rot wie der Benz von Wenk.

 

Schon bald will Marcus Wenk mit seiner Frau vier Wochen durch Island reisen

Mercedes 917 AF, Baujahr 1988

Leergewicht: 6,4 t

Gesamtgewicht: 7,5 t

Motor: OM 366A, 5.995 ccm

Leistung: 170 PS

Antrieb: Permanentallrad, Hinterachssperre, Untersetzung

Außenmaße: 6 x 2,5 x 3,2 m

Schlafplätze: 2

 

Da, wo heute ein 88er Mercedes 917 parkt, sollte ursprünglich ein Unimog stehen. Doch je mehr sich Wenk mit dem Fahrzeug befasste, desto deutlicher stellte er fest, dass es für ihn kein komfortables Reisefahrzeug sein würde. Die Alternative – ein MAN L2000 – war rar und zu teuer, also entschloss sich der Selbstausbauer für den Mercedes-Benz. „Ein Lkw sollte es dieses Mal wieder sein. Zum ­einen, weil er mehr Komfort bietet und zum anderen einfach, um ihn zu haben”, gibt der Norddeutsche lachend zu, im Hintergrund kreischen die Möwen. Die große Mannschaftskabine des Fahrerhauses kürzte er selbst – für den Bastler kein Problem, denn mit Fahrzeugumbauten hat er bereits jede Menge Erfahrung. Schon 1981 baute er mit seinem Vater einen Volkswagen T2 um, dann ließ ihn das Reise-Fieber nicht mehr los: Es folgten diverse Bulli-­Umbauten, ein selbst­gebauter, geländegängiger Wohnwagen für seinen Land Rover Defender und der Ausbau eines Ford Transits für seine Mutter. Mit ­einem Mercedes-Benz 1113 kaufte er sich dann erstmals eine Feuerwehr – das ist nun 20 Jahre her.

Eine G-Klasse und einige Überlegungen später, stand der Mercedes-Benz 917 AF in der zur Werkstatt umgebauten Halle, direkt zwischen dem kleinen Deich und den weiten Apfelplantagen. Nach einem Jahr Umbauzeit war der 917er fertig für die Jungfernfahrt.

Der Mercedes-Benz 917 ist bereits das siebte Reisemobil von Marcus Wenk

Während Reisefahrzeuge heute oft in den klassischen Farben Sahara-Beige oder Stein-Grau daherkommen, passt sich Wenk lieber den Apfelplantagen an als den Wüsten Afrikas. Das Fahrerhaus ließ er außen unverändert – wobei der Zustand überzeugend gut ist, der trockenen und beheizten Halle der Feuerwehr sei Dank. Eher ungewöhnlich: Nach Absprache mit der ortsansässigen Feuerwehr, durfte er auf die Türen ihr Wappen kleben. Dass er die Feuerwehr in ihren Ursprungsfarben ließ, hat zwei Gründe. Wenk bemerkte, dass sich die meisten Menschen in Anwesenheit ­einer Feuerwehr sicherer fühlen als bei einem Fahrzeug in Tarnfarben – selbst wenn sie feststellen, dass es sich lediglich um ein Reisemobil handelt. „Und mit einer Feuerwehr erhält man als Verkehrsteilnehmer die Rücksichtnahme und die Aufmerksamkeit anderer Verkehrsteilnehmer, die eigentlich jedem zukommen sollte”, ergänzt er.

 

Volle Kraft voraus

Gemütlich brummt die Feuerwehr auf ihren grobstolligen 365/80 R20 entlang der Elbe durch das Alte Land. Durch den Wechsel von Zwillingsbereifung auf Einzelbereifung und den größeren Abrollumfang, wurde der Tacho um zwölf Prozent angepasst. Mehr Zuwachs in der Höhe gab es nicht: Mit seiner Gesamthöhe von 3,20 Metern ist der Lkw recht kompakt, schaukeln tut hier nichts. Ein Vorteil, wenn der schroffe Wind mal wieder über die Deiche fegt. Höher wollte Wenk generell nicht bauen, denn bis zu 3,20 Metern sei sein Fahrzeug beim ADAC abschleppversichert. Damit der Lkw nicht allzu gewaltig wirkt, hat er das Dach der Wohnkabine angeschrägt, sodass nur in der Mitte -eine Erhöhung erkennbar ist. Im Innenraum bleibt dort eine Steh-höhe von 1,87 Metern.

 

In gutem Zustand ist der Lkw nicht nur von außen, sondern auch seine Armaturen – ganz im Stil der späten 80er-Jahre

 

Nicht nur von außen macht sein Reisefahrzeug einen sympathischen Eindruck. Der Innenraum des Fahrerhauses wurde partiell mit hellem Kunstleder ausgekleidet. Abgesehen von der braunen Armaturentafel, sieht der Laster aus wie aus dem Werk. Doch der Schein trügt. „Beim Fahren hat man aus dem hinteren Teil des Fahrerhauses viel Lärm wahrgenommen. Zwar habe ich den Boden nicht extra gedämmt, aber hinter den Fahrersitzen versteckt sich zehn Zentimeter dickes Schaumgummi“ erklärt der Selbstausbauer. Und tatsächlich – vom Lärm ist nichts mehr zu hören. Einstellen musste sich Wenk allerdings auf den Frontlenker: „Am Anfang war es für mich etwas ungewohnt, da ich zuvor bei meiner anderen Feuerwehr hinter dem Vorderrad saß und nicht quasi darauf. Also habe ich zunächst beim Abbiegen zu früh eingelenkt. Aber schon bald hatte er das reise-fertig 7,2 Tonnen schwere Mobil im Griff, schließlich ist der 917er nicht sein erster Lkw.

 

Vom Fluß ans Meer

Das Heck der Wohnkabine ist nicht ohne Grund mit der Flagge Islands geschmückt, denn Marcus Wenks Ehefrau ist begeisterter Island-Fan. Schon bald will das Paar mit dem 917er trotz Reiseübelkeit eine Fährüberfahrt wagen und die Insel für vier Wochen erkunden. Was zunächst nicht auffällt: Hinter der Island-­Flagge versteckt sich eine Klappe. Hinter dieser Öffnung lässt sich mit­hilfe ­eines Schwerlastauszuges das Reserve­rad aus der Heckgarage herausziehen. Gleich neben dem Reifen verbirgt sich  der Werkzeugschrank, gut sortiert und über eine Seitenklappe erreichbar.

 

Im Norden zu Hause: Markus Wenk lebt zusammen mit seiner Frau im Alten Land

 

Zwar befinden sich in der Feuerwehr nicht mehr so viele Schläuche und Werkzeuge wie zuvor, doch einem Einsatzwagen sieht sie durchaus zum Verwechseln ähnlich. Um den Charme ihres ursprünglichen Zweckes beizubehalten, besorgte sich der Selbstausbauer zu Dekozwecken für das Fahrerhaus einen Helm. Das Strahlrohr und das Beil daneben gehörten zum Interieur, der Wasserschlauch samt Spritze war ein Geschenk.

 

Charme in der Fahrerkabine: Die Feuerwehr-Ausrüstung dient in ihrem zweiten Leben nur noch als Deko

 

In der Wohnkabine geht es weniger verspielt zu: Genauso wie den Norddeutschen nachgesagt wird, sie seien keine Menschen der vielen Worte, ist die Kabine keine, die vor Requisiten strotzt. Hier wird auf Handgriffe für die Schubladen verzichtet – geöffnet wird über einen Push-to-open-Verschluss –, auf indirekte Beleuchtung gesetzt und die Farben eher klassisch gewählt.

Interessant ist die Innenaufteilung: das 2 x 1,40 Meter große Bett ist wie so üblich im Heck, doch da bei der großen Gesamtbreite der Kabine immer noch 41 Zentimeter übrig blieben, reicht der Platz am Fußende als Stauraum für Hand­tücher und Bettbezüge. Die Küche aus Birkensperrholz direkt vor dem Bett ist ungewöhnlich platziert. Gekocht wird mit Gas, die Webasto-Standheizung läuft  über Diesel. Dank der Aufteilung bleibt zwischen der Küche und der Sitzgruppe in der Front ein großzügiger Freiraum, auch, um die Nasszelle auf der Fahrerseite zu erreichen. Die ist mit 1,60x0,8 Metern gar nicht mal so klein und besteht zur Hälfte aus der separaten Dusche an der Stirnseite, den restlichen Platz teilen sich Waschbecken und WC.

 

Feuerwehr Daimler-Benz 917 AF
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Eine Handbreit Wasser unterm Kiel

Von Wasser ist Wenk an der Elbe zwar zur Genüge umgeben, doch auch sein Lkw soll über ausreichend Reserven verfügen. Ausgestattet ist der 917er mit zwei 150 Liter großen Frischwassertanks, ein elektrischer 22-Liter-Boiler erhitzt das Duschwasser. Das Grau­wasser lässt sich auch dazu nutzen, den Schwarzwasser-Tank nach dem Entleeren einmal durchzuspülen, denn die beiden 85-Liter-Tanks sind miteinander verbunden – eine Idee, die sich bereits bei vorherigen Ausbauten bewährt hat.

Mit all dieser Erfahrung durch seine bisherigen Reisefahrzeuge, schuf sich Marcus Wenk nun sein leuchtend rotes Wunschmobil. Erste Proberunden führten bereits kreuz und quer durch das Alte Land, damit bei der anstehenden Traumtour auch bestimmt nichts schief­läuft: Dann, wenn es 2020 endlich mit der Feuerwehr durch die magische Landschaft Islands geht.

 

 

Bauphase

 

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