Wenn das Herz versagt – Defibrillatoren im Auto

Herzrhythmusstörungen können jeden treffen. Ein automatisierter externer Defibrillator (AED) kann das Leben des Betroffenen retten. Aber macht ein „Defi“ auch im Auto Sinn? Unter Umständen

Medizin

Jeder kennt es aus dem Fernsehen: Ein Patient liegt in der Notaufnahme, kein Puls, keine Atmung. Der Arzt legt zwei Elektroden auf den Brustkorb, der Körper zuckt. Nach dem dritten Schock kommt der Patient wieder zu sich. Früher war ein solcher Defibrillator Ärzten und Rettungsdienstpersonal vorbehalten. Heute sind automatisierte externe Defibrillatoren (AED), im Fachjargon „Defi“ genannt, auch an öffentlichen Plätzen wie Flughäfen oder Banken zu finden. Auch auf Campingplätzen sind mittlerweile zunehmend Geräte vorhanden. Kommt es zu lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungen wie dem Herzkammerflimmern, zählt jede Minute. Wenn der Rettungsdienst kommt, ist es meistens schon zu spät. Deswegen wurden Defis entwickelt, die Laien schnell und einfach anwenden können. Der Einsatz eines Defis – zusätzlich zu den üblichen Erste-Hilfe-Maßnahmen – erhöht die Überlebenswahrscheinlichkeit um ein Vielfaches.

Ein AED erhöht die Überlebenschance, hilft aber nur beim Kammerflimmern

 

Was die Defibrillation bewirkt

Es kann jeden treffen und jederzeit passieren: Urplötzlich sackt ein Mensch in sich zusammen, es kommt zum sofortigen Kreislaufstillstand. Dadurch wird kein Blut und Sauerstoff mehr zu den lebenswichtigen Organen transportiert. Bereits nach drei bis fünf Minuten beginnen die Gehirnzellen abzusterben. Man unterscheidet zwei Arten: Beim Herzstillstand hört das Herz auf zu schlagen. Dann hilft nur noch Herzdruckmassage, im besten Fall mit Beatmung – ein AED hätte keine Wirkung. Beim sogenannten Kammerflimmern aber, wenn das Herz unkontrolliert und schnell zuckt, hilft die Herzdruckmassage, um den Status zu erhalten und der zusätzliche Einsatz eines Defi kann den normalen Herzschlag wieder herstellen. „Es ist wie bei einer Batterie: Beim Herzstillstand ist diese schlagartig leer und kann durch die Herzdruckmassage wieder geladen werden. Beim Kammerflimmern wird hingegen ständig Energie verbraucht. Man kann das Energielevel mit der Herzdruckmassage erhalten und kann den hohen Energieverbrauch durch das Kammerflimmern mit einer Defibrillation beenden“, erklärt Sebastian Wanke von „defiköln“, einem Projekt der Stadt Köln, dass sich für eine flächendeckende Verbreitung von Defibrillatoren engagiert.

 

Überblick

Ein AED braucht keine besondere Anbringung oder Ladestation, da das Gerät eine Langzeitbatterie besitzt. Die Elektroden müssen nach zwei bis fünf Jahren gewechselt werden, die Batterie alle drei bis sechs Jahre. Einfache Modelle kosten ab 800 Euro aufwärts, hinzu kommen vereinzelt auch Zusatzkosten für eine Einweisung. Einige Projekte, darunter „defiköln“, bieten die Beratung und kurze Schulungen auch kostenfrei an. Manche Geräte haben auch einen festen Kindermodus, mit dem Kinder im Alter von ein bis acht Jahren defibrilliert werden können. Es gibt halb- und vollautomatisierte AEDs. Bei den halbautomatischen muss der Schock per Knopfdruck ausgelöst werden, der vollautomatische AED gibt den Schock automatisch, ohne Knopfdruck, ab. Das heißt, bei diesen Geräten muss man nur die Elektroden aufkleben, alles andere regelt der Defi selbst.

 

 

Wiederbelebung mit einem AED

Viele Laien scheuen sich, einen Defi in einer Notsituation einzusetzen und haben Angst, etwas falsch zu machen. Dabei ist die Bedienung simpel und ungefährlich: Das Gerät wird eingeschaltet, daraufhin erhält man genaue Anweisungen per Sprachausgabe. Zwei Klebeelektroden werden auf der Brust des Patienten angebracht. Der Defi analysiert automatisch den Herzrhythmus durch eine EKG-Aufzeichnung und entscheidet mit hundertprozentiger Sicherheit, ob ein Elektroschock notwendig ist. Wenn ja, fordert der Defi den Benutzer dazu auf, per Knopfdruck einen Elektroschock auszulösen. Besteht keine Schocknotwendigkeit, ist es ausgeschlossen, diesen auszulösen, da der AED in diesem Fall keine Energie bereitstellt. Das Gerät ersetzt aber keinesfalls die üblichen Wiederbelebungsmaßnahmen oder den Rettungsdienst.

Bricht jemand zusammen, müssen zunächst das Bewusstsein und die Atmung geprüft werden. Sind diese nicht mehr vorhanden, muss unverzüglich der Rettungsdienst gerufen werden und eine Herzdruckmassage erfolgen. Im Idealfall holt ein Helfer in der Zwischenzeit den Defi. Es folgt die Schocktherapie. „Grundsätzlich muss nach einer erfolgreichen Wiederbelebung im Krankenhaus auch die Ursache behandelt werden, um das Überleben des Betroffenen zu gewährleisten. Häufigste Ursache für einen plötzlichen Herzstillstand ist zum Beispiel der Herzinfarkt oder eine Überanstrengung bei sportlichen Aktivitäten, so Nico Raab von „heartcom“. Mit einem Team aus Rettungsassistenten und Ärzten bietet er AED- und Erste-Hilfe-Lehrgänge an. Ein Defi unterliegt in Deutschland dem Medizinproduktegesetz (MPG), wonach Personen, die das Gerät erwerben, in die Nutzung eingewiesen werden müssen. Privatpersonen sind davon in der Regel jedoch ausgenommen – es bleibt aber ratsam.

 

Defi an Bord nehmen

Sich einen Defi fürs Reisemobil anzuschaffen, ist alles andere als Standard, aber zumindest eine Überlegung wert – sei es, um dem Reisepartner oder auch jemand anderem auf der Strecke das Leben zu retten. „Mit einem Defi kann die Überlebens­chance auf über 75 Prozent gesteigert werden. Entscheidend sind die ersten zehn Minuten nach Auftreten des Herzstillstandes“, sagt Nico Raab, der in seiner langjährigen Tätigkeit bei der Luftrettung die oft unzureichende medizinische Grundversorgung im Ausland häufig miterlebte. Junge, durchtrainierte Menschen betrifft der plötzliche Herztod, meist verursacht durch Herzrhythmusstörungen, eher selten – auch wenn es Ausnahmen gibt. Weitaus häufiger ereilt das Schicksal Menschen im mittleren und höheren Lebensalter. Ratsam ist die Anschaffung besonders dann, wenn jemand bereits an Herzkrankheiten leidet – oder ein hohes Risiko hat. Diejenigen sollten vor der Reise mit einem Arzt oder Kardiologen Rücksprache halten, ob diese Investition in ihrer jeweiligen Situation tatsächlich sinnvoll ist. Wer sich einen Defi zulegt, sollte nicht an der Einweisung sparen. „Führt die Reise beispielsweise durch die finnische Taiga, ist es überaus sinnvoll, dass der Partner neben der Wiederbelebung auch noch in der Anwendung eines Defi trainiert ist“, so Wanke.

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