Der Highway 101 wird neben der Route 66 von unzähligen Reiseveranstaltern als eine der Traumstraßen schlechthin gelobt und findet sich somit immer ganz weit oben auf der To-do-Liste vieler USA-Reisender. Wir sind schnell überzeugt und passen unsere Routenplanung entsprechend an – Start unseres Abschnitts dieser Traumstraße ist der Olympic National Park, welcher auf einer Halbinsel vor Seattle liegt. Von hier führt der HW 101 entlang der Küste von Washington über Oregon nach Kalifornien. Wir folgen dem gewundenen Asphaltband bis nach San Francisco.
Stephanie & Simon Knenlein
Nach zwei Jahren Vorbereitung haben sich Stephanie und Simon Knenlein dazu entschlossen, ihren Traum zu verwirklichen: die Panamericana. Bereits während des Studiums reisten sie im selbst ausgebauten T5 durch Europa. Das Reisefieber hat sie nie losgelassen und so tauschten sie ihren Bulli gegen einen Pickup mit Wohnkabine und verschifften das Gespann nach Baltimore, an die Ostküste der USA.
Alter: 30 & 31
Wohnort: Karlsruhe
Reiseregion: Nord- und Mittelamerika
Reisedauer: Juni 2021 bis Mai 2022
Reisestrecke: 2.000 Kilometer
Youtube: Auf wilder Fahrt
Toyota Hilux „Sniggers“
Baujahr: 2019
Motor: 2,4 l, 150 PS
Verbrauch: 10,5 l/100 km
Aufbau: Bimobil
Schlafplätze: 2
Gesamtgewicht: 3,2 t, reisefertig
Spektakulärer Einstieg
Der Olympic National Park ist landschaftlich herausragend. Es gibt verschiedenste Wandermöglichkeiten von einfach bis schwer und auch die Landschaft bildet ein weites Spektrum von alpenähnlicher Bergwelt bis zu Regenwäldern und Stränden ab. Wir sind unter anderem den stark besuchten Hurricane Hill Trail gelaufen. Der 5,5 Kilometer lange Rundwanderweg mit 250 Höhenmetern beginnt in der Nähe von Port Angeles. Schon allein die Anfahrt ist spektakulär, die Straße schlängelt sich einen Pass hinauf, mit wunderschönen Ausblicken auf die Berge. Vom Wanderweg aus kann man Wildblumenwiesen sehen, aber auch die schneebedeckten Berge, und mit etwas Glück zeigen sich auch die Wildtiere.
Eine etwas anspruchsvollere Wanderung ist der Aufstieg zum Storm King Mountain. In steilen Serpentinen geht es durch den Wald hinauf zum Gipfel des Berges. Das letzte Stück ist nur mithilfe von angebrachten Seilen zu überwinden, doch die Anstrengung wird mit einem atemberaubenden Blick über einen See belohnt. Der Ausblick lässt einen an Fjorde in Norwegen denken. Auch die Tierwelt ist im Olympic National Park zum Greifen nah. Auf Whalewatching-Touren kann man je nach Saison verschiedene Walarten beobachten. So kamen wir in den Genuss, Orcas bei der Jagd zu sehen. Majestätisch gleiten sie durch das Meerwasser und folgen ihren Beutetieren. Aber nicht nur Wale kann man auf einer solchen Tour erspähen, sondern auch Seeadler, Robben, Seelöwen und unterschiedliche Vogelarten.

Folgt man der Straße etwas weiter, gelangt man noch auf der Halbinsel zu den Regenwäldern Washingtons. Diese erstrecken sich von der Küste bis ins Inland. Auf angelegten Pfaden kann man die beeindruckenden Wälder erkunden. Wenn man nicht auf Campingplätzen übernachten möchte, gibt es die wunderbare Möglichkeit, im National Forest, kurz vor dem offiziellen Eingang zum Regenwald, zu campen. Auch hier zeigt sich schon die veränderte Vegetation mit Farnen und moosbehangenen Bäumen. Besonders mystisch ist es in den Morgenstunden, wenn der Nebel vom Pazifik ins Land hineinströmt und die Umgebung in einen Dunst eingehüllt ist.
Paradies für Angler & Strandgänger
Folgt man dem Regenwald Richtung Küste, gelangt man an beeindruckende Strände. Im August war es hier doch sehr frisch und die Temperaturen des Pazifiks luden auch nicht zum Baden ein. Allerdings beeindrucken die Strände auch ohne Badewetter. Man kann Pelikane bei der Jagd beobachten und bei einem Strandspaziergang entdeckt man Unmengen an Treibholz. Am First Beach wurden beispielsweise riesige Mammutbäume an den Strand gespült. Selbst das Wurzelwerk war noch vorhanden und mit über fünf Metern Durchmesser ein imposanter Anblick.
Im späteren Verlauf des Highway 101, in den Redwoods, kann man sich ein Bild von den lebenden Exemplaren machen. Weiter führt der 101 weniger spektakulär nach Oregon. Dort wird man von dem Ort Tillamook in Empfang genommen. Er ist der Sitz der gleichnamigen Käserei, die zugleich eine der größten der USA ist. Das Unternehmen lädt ein, die Produktionsschritte hautnah zu erleben und in einer Tour nachzuvollziehen.

Weiter Richtung Süden fahrend beginnen riesige Strandabschnitte. Uns war der Pazifik etwas zu kalt, aber einen Tag am Strand kann man auch ohne baden zu gehen gut einlegen. Entlang der Küste findet man fangfrischen Fisch und Fischrestaurants in jeder Stadt. Wenn man gern Fisch isst, hat man hier die Wahl, diesen selbst zuzubereiten oder sich bekochen zu lassen. Im Spätjahr gibt es hier auch Wildlachse, die in den Flüssen, die in den Pazifik münden, laichen. Wer gern angelt, kommt hier sicherlich auf seine Kosten. Auch gut zu wissen ist, dass Oregon keine Steuern erhebt, sodass das Shoppen sich etwas günstiger gestaltet. Dazu gibt es in den größeren Städten und in Outletcentern vielfältige Möglichkeiten. Wir allerdings empfinden die landschaftlichen Highlights in Oregon als weitaus reizvoller.
Abwechslungsreiche Küstenlandschaft
Kurz vor Pacific City konnten wir den Strand befahren. Der Sand ist dort nicht zu weich, sodass das Fahren ohne tiefere Kenntnisse möglich ist. Wir haben diese Möglichkeit gern genutzt und unser Auto über den Strand gelenkt. Wer noch ein bisschen mehr Offroad-Spaß möchte, ist im Siuslaw National Forest richtig. Dieser Wald begleitet den Highway 101 in Oregon im Hinterland. Hier gibt es kilometerlange Waldwege, die teilweise Allradantrieb erfordern. Man kann dort sehr schöne Übernachtungsplätze mit tollen Aussichten finden. Das Übernachten im National Forest ist kostenlos und bei einem autarken Fahrzeug eine gute Alternative zu Campingplätzen.

Wer zusätzlich dem Trubel in den Küstenstädtchen entfliehen möchte, ist im Siuslaw auf jeden Fall richtig. Nach Lincoln City verändert sich die Küstenlandschaft etwas. Es gibt zunehmend mehr Klippen und Felsformationen zu bestaunen. Sehr zu empfehlen ist die „Yaguina Head Outstanding Natural Area“. Bei Ebbe kann man in dem felsigen Küstenabschnitt Seeanemonen, Seeigel und verschiedenste Seesterne sehen. Letztere reichen von wenigen Zentimetern Größe bis zu bunten Exemplaren, die so groß sein können wie zwei Hände. Auch Seerobben kann man hier aus nächster Nähe beobachten. Hat man sich den Jahrespass für die National Parks (Interagency Pass) gekauft, ist auch dieser Ort inkludiert.
Weiter südlich führt der Highway 101 an den Oregon Dunes vorbei. Diese Dünen sind 60 Kilometer lang und können mit ATVs befahren werden. Sie zu erklimmen und auf der anderen Seite dem Pazifik gegenüberzustehen, ist einen Stopp auf jeden Fall wert. Kurz vor der Grenze nach Kalifornien liegt Meyers Creek Beach, der mit seinen Felsen unmittelbar vor dem Strand sehr schön anzusehen ist. Nur wenige Kilometer weiter gibt es eine atemberaubende Klippen- und Felslandschaft. Wer schwindelfrei ist, kann über eine natürliche Brücke gehen und von dort aus auf beiden Seiten in türkisfarbenes Wasser blicken.
Magische Riesenbäume

Kaum hat man die Grenze nach Kalifornien überquert, beginnen die Redwoods. Zunächst muss man sich allerdings tatsächlich an den Grenzen kontrollieren lassen, was etwas befremdlich ist, da man sich nur in den nächsten US-Bundesstaat bewegt. Die Redwoods sind durch eine Aneinanderreihung von National und State Parks geschützt, durch die man hindurchfahren kann. Schon entlang der Straße stehen die mächtigen Bäume, die alles unter sich im Schatten verschwinden lassen. Große und kleine Wanderungen sind ausgeschildert und führen durch die Redwoods.
Mit Durchmessern von bis zu sieben Metern und bis zu 90 Metern Höhe sind die teilweise 2.500 Jahre alten Riesen schwer zu beschreiben. Sie lösten bei uns eine Art Demut aus und hielten uns in ihrem Bann. Sobald man die Redwoods hinter sich lässt, wird der 101 zu einer Art Autobahn. Sie führt zweispurig durchs Inland nach San Francisco. Daher entschlossen wir uns, hier den 101 zu verlassen und den kleineren Highway 1 entlang der Küste zu nehmen. Dieser führte zunächst über Berge in Serpentinen wieder zum Pazifik zurück. Sehr kleine Dörfer säumen den Weg hier und es wird wesentlich ruhiger. Die Landschaft wird karger, aber dennoch ist sie diesen Umweg wert. Genügend Benzin sollte man allerdings im Tank haben, da die Infrastruktur nicht mehr ganz so üppig ist. Von dieser ruhigen Idylle geht es in die Großstadt San Francisco. Ein Stopp vor der Golden Gate Bridge ist empfehlenswert, um die Skyline und auch die Brücke auf sich wirken zu lassen. Dann kann es über das berühmte Bauwerk direkt in die Stadt gehen.

Dieser etwa 2.000 Kilometer lange Streckenabschnitt des Highway 101 zeigt einmal mehr die atemberaubende Vielfalt der USA. Angefangen von Regenwäldern über Dünen bis zu den einzigartigen Redwoods und schließlich einer Großstadt, bietet er von Einsamkeit bis zum konsumfreudigen Shoppen alles. Uns hat diese Strecke viel Freude bereitet und vor allem die Begegnungen mit den Walen und Seesternen sowie die einzigartigen Stellplätze in den Wäldern werden uns für immer im Gedächtnis bleiben. Wir hoffen, wir konnten Sie etwas auf unsere Reise mitnehmen und inspirieren.
„Auf beiden Seiten der Brücke blickt man in türkisblaues Wasser“