„Truck Surf Hotel“ – das rollende Wunderwerk

Daniela Carneiro und Eduardo Ribeiro haben einen Lkw zu einem futuristischen Hotel umgebaut und gehen damit auf die Suche nach der perfekten Welle. Das ausfahrbare „Truck Surf Hotel“ kann bis zu zehn Gäste aufnehmen und macht derzeit die Küsten Marokkos unsicher

Im ausgefahrenen Zustand ist der Lkw 6,5 Meter hoch und bietet fünf Zimmer im Obergeschoss

Wer dieses Mobil am Ufer sichtet, muss sich zunächst die Augen reiben: 12 mal 4 Meter misst der Camper auf Basis eines Mercedes Actros, den Daniela Carneiro und Eduardo Ribeiro aus Portugal erschaffen haben. Am Stellplatz – meist sind es Privatgrundstücke am Strand oder Bauernhöfe in Meeresnähe – verwandelt sich der Truck in eine regelrechte Surf-Burg: Die Kabine wird über ein hydraulisches System nach oben und zur Seite ausgefahren. Mit dem Hubdach erreicht der Aufbau eine Höhe von 6,5 Metern, an den Seiten befinden sich ausziehbare Erker, die den Innenraum um einen Meter ausbreiten. Auf zwei Etagen liegen fünf Zimmer mit Etagenbetten, eine Wohnküche und ein Bad mit Warmwasserdusche.

30 Minuten Aufbauzeit – und aus dem 19 Tonnen schweren Lkw entsteht: das „Truck Surf Hotel“. „Wir sind jahrelang mit einem Campervan gereist, um versteckte Strände und die besten Wellen zu finden. Diesen Lifestyle wollten wir mit anderen teilen“, erzählt Carneiro. Als sie 27 Jahre alt war, entdeckte sie ihre Leidenschaft fürs Surfen, kündigte ihren Büro-Job und reiste um die Welt, um den Surf-Vibe zu leben, stürzte sich in die Brandungen von Mexiko, Indonesien, Brasilien und Hawaii, wo sie sogar die legendäre Banzai Pipeline surfte. Dann traf sie Ribeiro, der auf dem Surfbrett aufgewachsen ist, sich als Longboard-Athlet in der Szene einen Namen gemacht hat und heute als Surf-Coach arbeitet. Als Ribeiro und Carneiro eine Weile an Bord eines Segelboots mitarbeiteten, kam ihnen der Gedanke: „Warum machen wir nicht dasselbe, nur eben an Land, mit einem großen Laster? So sind die Urlauber flexibler, können verschiedene Wellen surfen und erleben die Kulturen verschiedener Orte.“

 

Alle zwei Tage wechselt der Lkw im Schnitt den Stellplatz, man reist den besten Wellen hinterher

 

Zusammen mit einer portugiesischen Firma, die Versorgungstrucks für Autorennen baut, entwarfen sie eine Apparatur, die in einem Transformers-Film mitspielen könnte. „Die Ingenieure sagten erst, wir sind verrückt. Ich habe dann einen Kalkulationsplan gemacht und gezeigt, dass es möglich ist, und schließlich haben sie sich darauf eingelassen. Sie haben es als Herausforderung gesehen und echt gute Arbeit geleistet“, sagt Ribeiro. So entstand ein Prototyp, den es in dieser Form noch nicht auf dem Markt gibt.

„Eduardo ist zum Glück sehr gut in Mathe“, sagt Carneiro. „Wir wollten genügend Raum haben, sodass die Leute sich wie zu Hause fühlen. Wir mussten alles gut durchrechnen, damit alles genau sitzt, wenn der Aufbau zusammenfährt und jeder genügend Privatsphäre hat, wenn er auseinandergefahren ist.“

 

Surfhotel LKW
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Von innen wirkt das „Truck Surf Hotel“ wie eine schicke Strandhütte. Die Wände sind mit Pinienholz verkleidet und schaffen, zusammen mit den hohen Decken und großen Fenstern, einen natürlichen, hellen Raum. Die Solaranlage versorgt die Zimmer mit Strom, der Frischwassertank umfasst 500 Liter. Es gibt sogar eine Klimaanlage, die bei Bedarf mit einem Generator ins Laufen gebracht werden kann. „Wir bitten unsere Gäste aber, verantwortungsvoll und sparsam mit den Ressourcen umzugehen. Bisher hat das immer gut geklappt“, hat Carneiro mittlerweile gelernt.

 

Gäste an einsame Strände entführen – das war der Gedanke hinter dem rollenden Surfhotel

 

 

Seit zwei Jahren ist das „Truck Surf Hotel“ an diversen Surfspots zu finden. Derzeit befinden Carneiro und Ribeiro sich damit in Marokko, dessen Strände sie schon oft bereist haben. Alle zwei Tage wechselt die Mannschaft des „Truck Surf Hotels“ den Surfspot und begibt sich an die Strände, wo gerade die besten Wellen brechen. Die Hotelgäste und das Surf-Equipment werden in -einem separaten Van transportiert und erkunden auf dem Weg die Gegend. Neben Wellenreiten, organisieren Ribeiro und Carneiro auch weitere Aktivitäten für ihre Gäste: Strand-Yoga, Pferde- und Fahrradtouren oder das klassische Sight-seeing wie ein Besuch der Medina von Essaouira oder Paradise Valley. Es können Pakete für Surf-Anfänger, Fortgeschrittene und Surf-Guiding für Experten gebucht werden, aber eben auch „maßgeschneiderte“ Aufenthalte mit anderen Schwerpunkten sind möglich.

 

Daniela Carneiro und Eduardo Ribeiro planten den Lkw

 

Im Sommer wird das „Truck Surf Hotel“ wieder durch Portugal touren, jetzt im Winter erkundet es weiterhin die Küsten Marokkos, darunter entlegene Strände in der Nähe des Surf-Hot-spots Taghazout oder Sidi Kaouki, einer ländlichen Gemeinde in der Provinz Essaouira. „Wir bevorzugen die menschenleeren Spots. Manchmal ist der Zugang nicht so einfach, man muss ein bisschen laufen. Manchmal erwartet einen ein schönes Riff, manchmal große Wellen“, sagt Ribeiro.

Ihr Start-up steht noch ganz am Anfang. Das Konzept „Truck Surf Hotel“ geht aber bislang gut auf und es gibt schon die nächste Vision, das Unternehmen auszuweiten. Wo der Kurs genau hingehen wird, lassen Ribeiro und Carneiro aber noch offen. Ganz nach alter Surfer-Manier. „Wir werden sehen, wohin uns Wind und Wellen tragen“, sagt Carneiro.

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