Heißer Herbst? Insolvenzwelle erfasst das Camping-Segment

Zeichnet sich mit der Pleite der Ausbaufirmen Artgerecht und Plugvans sowie den Vermietern Camperboys und Roadfans der Beginn einer Marktkonsolidierung ab?
ArtGerecht © Sarah Schababerle
ArtGerecht © Sarah Schababerle

Dass es nicht mehr lange so würde weitergehen können, darüber herrschte unter Branchenkennern schon seit längerem Konsens. Immer mehr Betriebe, immer höhere Preise, kombiniert mit einer nachlassenden Nachfrage – die Camping- und Reisemobilindustrie wandelt schon seit (zu?) langer Zeit auf einem schmalen Grat. Dieser beginnt nun zu bröckeln und reißt die ersten Firmen mit sich. Betriebe, wohlgemerkt, aus ganz unterschiedlichen Sektoren, mit ganz unterschiedlichen unternehmerischen Konzepten. Es dürfte erst der Anfang einer größeren Marktbereinigung sein.

Plugvan
Die Idee des Berliner Unternehmens war verblüffend: Nicht etwa den Transporter sollte man ausbauen, sondern einen herausnehmbaren Würfel – so bliebe der Kastenwagen unverändert. Ob nun für multifunktionale Nutzung oder um auch Leasingfahrzeuge zu Campern umrüsten zu können, die Möglichkeiten waren zahlreich. In fünf Minuten sei der Kubus hineingeschoben, verspricht der Hersteller, ohne technische Hilfe. Zwei Größen waren verfügbar: einmal für kompakte Vans der Bulli-Klasse (ohne Seitenwände, ab 5.900 Euro), für große Vans der Sprinterklasse gab es rundherum Wände und ein Fenster im Heck. Kostenpunkt hier: mindestens 10.900 Euro, in einer Version mit Hubdach mindestens 14.800 Euro. Wirkt ulkig, und verschrobene Dinge bekommen gern viel Aufmerksamkeit – die Plugvan-Story wurde durch zahlreiche Fach- und Massenmedien gereicht. Interessant: Die Liste der Investoren (6, inklusive der “Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Berlin Brandenburg”) ist genauso lang wie die der Mitarbeitenden, geholfen hat es nichts. Am 23. Oktober wurde am Amtsgericht Charlottenburg der Insolvenzantrag gestellt (36p IN 6943/24), als Insolvenzverwalter ist der Berliner Anwalt Sven Kirchner eingesetzt. Website und Social Media sind noch aktiv, es gibt keine Bemerkung auf diesen Kanälen über die derzeitige Situation.

Camperboys & Roadfans
Reisemobil-Vermietungen waren in den vergangenen Jahren das große Geschäft. Nach den Erfahrungen der Corona-Pandemie bekam das autarke Reisen einen gänzlich neuen Stellenwert, Vermieter kauften zeitweise alles auf, was sich halbwegs vermarkten ließ. Größter Gewinner dieser Zeit ist ohne Zweifel die Marke Roadsurfer – und ist am wachsenden Verdrängungswettbewerb in der Branche nicht ganz unschuldig. Zwei erheblich kleinere Firmen haben jetzt die Flügel gestreckt und beinahe zeitgleich Insolvenz angemeldet: Roadfans am 17. Oktober und Camperboys, vormals “Off” am 24. Oktober.  Wie der vorläufige Insolvenzverwalter von Camperboys, der Baker Tilly Partner Rechtsanwalt Dr. Alexander Fridgen mitteilt, sei “das erklärte Ziel des Unternehmens, die Fortführung des Geschäftsbetriebs gemeinsam mit einem neuen Investor zu ermöglichen. Erste Verhandlungen hierzu werden bereits geführt. Die Gehaltszahlungen für die Mitarbeitenden sind bis Ende 2024 gesichert. Betroffene Kundinnen und Kunden werden in den kommenden Tagen von der Schuldnerin über die weiteren Schritte informiert.” Das ursprüngliche Geschäftsmodell des Unternehmens sei aufgrund gestiegener Einkaufspreise, hoher Finanzierungskosten und sinkender Restwerte im Markt stark unter Druck geraten. Ähnlich sind auch die Ursachen bei der Roadfans-Pleite, nur gibt man sich hier erheblich zugeknöpfter. Ein kurzes Instagram-Posting muss hier genügen: “Bedauerlicherweise musste Roadfans Insolvenz anmelden. Für die Unannehmlichkeiten und die entstandene Unsicherheit möchten wir uns aufrichtig entschuldigen” heißt es darin. Wie der Insolvenzverwalter, Nikolaos Antoniadis, der Rheinischen Post mitteilte, rechne er damit, dass das Verfahren voraussichtlich Ende Dezember 2024/ Anfang Januar 2025 eröffnet wird. Erst nach der Eröffnung könnten Gläubiger ihre Forderungen für die Insolvenztabelle anmelden.

Artgerecht.es
Als Einzelkämpfer für Individualkunden hat sich Cord Dayal der wohl schwersten unternehmerischen Herausforderung gestellt, viele Kunden mit seiner einzigartigen Handwerksarbeit und der Unterstützung von DIY-Ausbauern überzeugt – und dennoch verloren.
Wie erst jetzt öffentlich wurde, musste Dayal, der seinen Betrieb nicht in Form einer Kapitalgesellschaft betrieb, Privatinsolvenz anmelden. Die Website ist offline, die SocialMedia-Profile liegen auf Eis. Noch bis Montag den 4. November können sich Betroffene zu Wort melden, zuständig ist die Anwaltskanzlei Warneke in Traunstein, sowie das Amtsgericht Traunstein (4IN 203/23)

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