Sitzt ein Bremer im Buschtaxi – Autospitznamen

Es ist eine verrückte Welt, in der Wolf, Ziege, Schwein und Ente gemeinsam das Lagerfeuer bewachen. Sie wissen nicht, worum es geht? Kein Problem, mit unserem Spitznamen-Quartett können Sie auf dem kommenden Globetrottertreffen auftrumpfen

Was ein Käfer ist, das wissen wir doch alle. Auch von einem Schneewittchensarg hat der eine oder andere schon mal gehört, von einem Ponton, einer Pagode, einer Käseglocke. Die Automobilwelt ist voll von kuriosen oder skurrilen Spitznamen – und auch Geländewagen, Allradlaster und Transporter blieben davon nicht verschont. Manchmal sind die Wege zum Kosenamen ganz trivialer Natur. Da wird aus dem Robur LO der „Ello“, oder man zollt den Städten Tribut, in denen die Fahrzeuge vom Band liefen, mit dem „Bremer“ oder dem „Düdo“. Umgangssprachliche Floskeln, die sich doch viel besser anhören als eine anonyme Modellnummer wie 309 oder 508. Manchmal muss man hingegen die Zuneigung, die in dem Spitznamen verpackt ist, sehr genau suchen. Der Suzuki Jimny einfach nur ein „Würfel“? Der, zugegeben, etwas treudoof in die Landschaft blickende Toyota Land Cruiser FJ 55 nicht mehr als ein „Eisenschwein“?

Dass es auch anders geht, zeigt die Geschichte der „Nato-Ziege“. Diesem Allrad-Lkw, Modellname Ford G398 und bei der Bundeswehr bis in die 1970er-Jahre im Einsatz, verhalf sein arg zweifelhaftes Gebaren zu seinem Zweitnamen. Der Motor (immerhin ein V8-Benziner) würde meckern wie eine Ziege, der überbreite Bundeswehr-Einheitskoffer über einer viel zu schmalen Spur sorgte für eine Kopflastigkeit wie bei einer – genau – Ziege, das Fahrverhalten war demnach mit „zickig“ noch gut umschrieben. Auf Globetrottertreffen ist der Ford mittlerweile nicht mehr zu sehen, ganz selten taucht noch sein Dienstnachfolger auf, der ähnlich kantige MAN 630 LA. Kennen Sie nicht? Verzeihung. „Emma“ ein Begriff? Oder „Allesfresser“? Wäre da zum Abschluss noch die Sache mit den Hauben zu klären. Kurz, lang, rund, eckig, da kann schon mal etwas durcheinandergeraten. Die ganzen 710er, 911er und 1113er, beispielsweise, gelten als Kurzhauber, während das Prädikat „Rundhauber“ vor allem verschiedenen alten MAN-Lkw der 1960er-Jahre verliehen wurde. Da machen Sie jetzt dicke Backen, Pausbacken vielleicht? Das ist auch ein hübscher Lkw, nur gab es vom MAN 770F kein Allradmodell – deshalb darf die „Pausbacke“ im folgenden Quartett leider nicht mitspielen.

Außenstehende können dem Szene-Jargon nur selten folgen

 

Bremer

Fahrzeugspitznamen

Mercedes T1, 1977 – 1995
Der Vorgänger des Sprinters ist unter Reisenden bis heute ein hochgeschätzter und ebenso hoch gehandelter Kastenwagen, der in seiner Allrad-Variante Exotenstatus besitzt. Auf 4×4-Antrieb umgerüstet haben den Wagen Iglhaut, Larag und Oberaigner. Seinen Spitznamen erhielt der Bremer, weil der Kleintransporter bis 1984 in der Hansestadt vom Band lief.

 

Bulli

Fahrzeugspitznamen

Volkswagen Typ 2 T1, 1950 – 1967
Mit vier angetriebenen Rädern gab es den VW-Bus der ersten Generation nie, trotzdem hat der nur 4,28 Meter kurze Bus wohl bewiesen, dass er das Zeug zum Weltreisemobil hat. Für die Herkunft des Spitznamens, an dem bis 2007 Kässbohrer die Rechte hatte (Pistenbully) gibt es zwei Mythen: Die Kombi aus Bus und Lieferwagen sowie sein „bulliges“ Äußeres.

 

Buschtaxi

Fahrzeugspitznamen

Toyota Land Cruiser J40/J70, 1960 – heute
Das Buschtaxi definiert eher eine ganze Familie, anstatt nur ein einziges Fahrzeugmodell. Mit seinen 13 Sitzen und einer beeindruckenden Zuverlässigkeit legte der Land Cruiser J40 in den 1960er- und 1970er-Jahren den Grundstein des Buschtaxi-Mythos, der heute mit der Nachfolgerbaureihe J70 fortgeführt wird. Und nein, Land Rover und Jeeps sind keine Buschtaxis.

 

DÜDO

Fahrzeugspitznamen

Mercedes T2, 1967 – 1996
Wer sich in der Bundeshauptstadt mit der Polizei anlegt, kennt den Düdo auch als „Berliner Wanne“, Gratismitfahrt garantiert. Der große Transporter, der in dritter Generation zum Vario wurde, entstand im Düsseldorfer Daimler-Werk, ab der zweiten Baureihe 1987 wurde er auf Wunsch auch als 814DA 4×4 mit zuschaltbarem Allradantrieb ausgeliefert.

 

Eckhauber

Fahrzeugspitznamen

Magirus-Deutz/Iveco, 1952 – 1993
Die großen Lkw mit ihren luftgekühlten Aggregaten waren die Baustellenkönige der 1960er- und 1970er-Jahre und danach die Gründerväter des aufkeimenden Expeditionsmobiltrends. Gerade die dritte und letzte Generation, erhältlich von elf bis 16 Tonnen Gesamtgewicht, mit zwei oder drei Achsen und bis zu 232 V8-PS unter der Haube, wird heute noch vereinzelt auf Reisen genutzt.

 

Ello

Fahrzeugspitznamen

Robur LO, 1961 – 1991
L. O. Ob es an der Zittauer Mundart lag, wo der Allrad-Lkw 30 Jahre vom Band lief, oder ob es einfach so viel sympathischer klingt – geschenkt. Klar ist, dass es den LO in der A-Variante auch mit Allradantrieb gab, verknüpft mit einer Zuladung von 1,8 (LO 1800A) oder 2,5 Tonnen (LO 2500A). Spätere Weiterentwicklung zum LO 2002A, nur minimale Stückzahlen mit Dieselmotor gebaut.

 

Eisenschwein

Fahrzeugspitznamen

Toyota FJ 55, 1967 – 1980
Es ist vielleicht nicht sehr nett, aber an jedem Spitznamen ist eben auch etwas Wahres dran: Immerhin 1.930 Kilogramm bringt der Fünftürer auf die Waage, bei nur 4,67 Metern Länge. Auch im Motorraum herrschte eine Eisenorgie, dort wurde ein fast vier Liter großer Sechszylinder-Benziner eingesetzt. Unter dem Blechkleid war das Eisenschwein übrigens eigentlich ein J40.

 

Ente

Fahrzeugspitznamen

Citroën 2CV, 1949 – 1990
Die zierliche Französin ist die wohl kräftigste Ente der Welt, denn sie hat die Kraft der zwei Pferde (2CV, 2 Cheveaux). Das war zwar ordentlich untertrieben (zu Beginn waren es 9, zuletzt 28 PS), aber die Zahl Zwei passte von 1960 bis 1968 an anderer Stelle: Da entstanden fast 700 Allrad-­Enten, die als Bimoteur vermarktet wurden: Sie hatten nämlich pro Achse einen Motor.

 

Kastenbrot

Fahrzeugspitznamen

UAZ 452 Buchanka, 1965 – heute
Es gibt nur noch sehr wenige Fahrzeuge, die so lange hergestellt werden wie dieser russische Kleintransporter. Ein durstiger 2,7-Liter-Benziner schiebt den 2,1 Tonnen leichten Bus voran, 800 Kilogramm Last können mit an Bord. Wohl auch deshalb nennen ihn die Russen „бучанка“, Kastenbrot. Oder liegt es an der Form?

 

Kurzhauber

Fahrzeugspitznamen

Mercedes LA 710-1819, 1963 – 1984
Rund, aber vor allem kurz ist sie, die Haube der wohl schönsten Allrad-Reise-Lkw. In Tonnageklassen von 7,5 bis 18 Tonnen angeboten und fast auf der ganzen Welt bekannt – oder noch bis vor Kurzem in Lizenz gebaut – bildet der Kurzhauber ein breites Spektrum ab und gehört noch heute auf Globetrottertreffen zum gewohnten Bild. Rundhauber tragen MAN oder Magirus-Logos.

 

Troopy

Fahrzeugspitznamen

 

Toyota Land Cruiser J70, 1984 – heute
Was im Deutschen das Buschtaxi, ist im englischen Sprachgebrauch der Troopy. Mit einer spezifizierenden Nuance: Als „Truppentransporter“ (Troop Carrier) gehen nur die Autos mit verglaster Kombikarosserie durch, und zwar eigentlich auch nur die dreitürige Variante. Nur der kann mit voller Bestuhlung elf Personen schlucken. Oder einen perfekten Camper-Ausbau.

 

Wolf

Fahrzeugspitznamen

Mercedes 250 GD, 1990 – heute
Mit gut 12.000 Einheiten hält sich die Bundeswehr ein großes Wolfsrudel, darunter kurze Cabrios, große Fünftürer oder als Sanka mit Kofferaufbau. Aber auch bei 18 weiteren Streitkräften der Welt ist er populär, hier oft mit stärkeren Motoren als den 92 Bundeswehr-PS. Der Name kommt also kaum von wölfischer Kraft, sondern fällt in die Wehrmachttradition, Geräten Tiernamen zu geben.

 

Ziege

Fahrzeugspitznamen

Ford G398 SAM, 1956 – 1961
Kopflastiges Fahrverhalten mit der Tendenz zum Springen und Umkippen, dazu ein V8, der nicht bollert, sondern meckert. Es scheint, als war der schmalspurige Ford-Lkw alles andere als geländetauglich und der Spitzname die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Trotzdem wurden gut 8.000 Fahrzeuge für die Bundeswehr beschafft, Nachfolger wurde der MAN 630 (20.000 Stück).

 

Lappländer

Fahrzeugspitznamen

Volvo L3314/L3315, 1961 – 1970
Nein, es ist nicht die TGB-Reihe von Volvo, die auf den Namen Lappländer oder Laplander hört, sondern dieser kleine Schwede. Der L3314, etwa 9.000-mal gebaut, ist das Vorgängermodell, angeboten als Kastenwagen oder offene Pritsche. Ab 1974 folgte mit dem TGB dann der große Bruder.

 

Sanka

Fahrzeugspitznamen

Diverse, darunter Unimog U1300L
Im Duden steht unter dem Wort Sanka die eher nüchterne Beschreibung „militärischer Sanitätswagen, besondere Soldatensprache“. Unter 4×4-Fans erscheint dabei vor allem ein Modell im Geiste: der Unimog U1300 mit seinem charakteristischen abgerundeten Koffer. Klein genug fürs Gelände, groß genug für die Reise um die Welt.

 

Samurai

Fahrzeugspitznamen

Suzuki SJ, 1981 – 1988/2004
Hat da ein Autohersteller auf seine Kunden gehört? 1981 bringt Suzuki in Deutschland den Mini-Geländewagen SJ auf den Markt, das Kürzel stehe für Suzuki Jeep, heißt es. Im Rest der Welt ist der japanische Hersteller mutiger und nennt den kleinen 4×4 stolz Samurai. In Deutschland gibt es den offiziellen Namen erst seit 1988.

 

Serie

Fahrzeugspitznamen

Land Rover, 1948 – 1988
Dass für Außenstehende jeder Geländewagen ein Jeep ist – klar so weit. Aber Achtung: Auch für vermeintliche Szenekenner gibt es Fallen. Nicht alles, in das es reinregnet und auf dem Land Rover steht, ist ein Defender! Diesen Modellnamen gibt es erst seit 1989, davor war es die Serie I, ab 1958 die Serie II und ab 1972 die Serie III.

 

Rundhauber

Fahrzeugspitznamen

Diverse MAN & Magirus
Es ist schon gemein. Selbst Google spuckt bei der Stichwortsuche fast ausschließlich Bilder der Mercedes-Kurzhauber aus. Doch die echten Rundhauber kamen aus Köln und München. Ok, Kompromissangebot: Technisch gibt es nur einen Unterschied zwischen Kurzhauber (Motor teilweise im Fahrerhaus) und Langhauber (Motor vor dem Fahrerhaus). Also darf rund auch mal kurz sein.

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