Eura Xtura – Euras Angriff auf den Hymer ML-T

Als erste Redaktion konnte der explorer das neue 4x4-Reisemobil von Eura genauer unter die Lupe nehmen. Ein erster Eindruck

Die Ankündigung, dass nach Hymer nun ein weiterer Großserienhersteller mit de mTeilintegrierten „Xtura“ ins Segment der 4×4-Reisemobile einsteigen will, löste auf den Social-Media-Kanälen des explorer eine Flut an Kommentaren aus. Von Spott bis Verachtung war alles dabei, selten wurde zuletzt so fleißig über ein neues Fahrzeug diskutiert. Interessant, ist doch dieses Fahrzeug vermutlich viel näher an den Bedürfnissen vieler Reisenden, als manch abgedrehte Mobile, die sich zuletzt auf den Messen besichtigten ließen.

Im September stellten wir die Frage „Ein echtes Weltreisemobil von der Stange?“ und konnten das zum damaligen Zeitpunkt nur anhand einer Handvoll Fotos und wenigen Spezifikationen abwägen. Mittlerweile sind wir dahingehend einen Schritt schlauer, denn als erste Redaktion konnte sich der explorer die Baunummer 1 im Eura-Werk Sprendlingen in aller Ruhe anschauen. Kann das Xtura-Konzept überzeugen?

 

Eura Xtura 686 EF: Ein neues Modell, kein überarbeitetes Straßenmobil

Im Gegensatz zum Hymer ML-T, dem großen Wettbewerber, dem es ganz offensichtlich ein paar Prozent am Markt abzujagen gilt, hat sich Euramobil die Mühe gemacht, ein eigenständiges Modell zu entwickeln und nicht nur einem bestehenden Grundriss ein Allrad-Chassis zu verpassen. Das macht sich weniger beim Grundriss und den Fahrzeugmaßen bemerkbar – hier diktiert der in diesem Segment geforderte Längsbetten-Grundriss alles weitere, wohl aber hat man sich bei Ausstattung und Detaillösungen stärker den Bedürfnissen angenähert, als der Wettbewerber. Heizungsanlage (Alde-Wasserheizung), Stromversorgung (hybrides System mit Induktion und Gasherd, große , im Dachträger eingelassene PV-Anlage), Dachträgersystem (Modular, belastbar, mit integrierter Umfeldbeleuchtung), die Ideen können überzeugen – sind aber im 4×4-Segment auch alles anderes als innovativ. Wer als Reisemobilist sich hingegen nach etwas individuellerem umschaut, wird das anders wahrnehmen und diese Details als stimmiges Upgrade gegenüber herkömmlichen Reisemobilen ansehen. Es kommt also auf den Blickwinkel an.

Diesen zu weiten, ist im Bereich Kabinenaufbau hingegen Aufgabe des erfahreneren 4×4-und Einzelbaucampers. Es ist nämlich mitnichten so, dass die Bauweise der Aufbauten für Offroadtouren ungeeignet ist. Eura Mobil setzt bereits seit vielen Jahren auf GFK-Sandwich-Segmente in 30 und 83 (Boden) Millimeter Wandstärke und ist sich der Qualität so sicher, dass es eine zehnjährige Dichtheitsgarantie gibt (maximal 150.000 Kilometer). Für die Klappen kommen Alu-Profile von Mekuwa zum Einsatz, die eine doppelte Dichtungsebene bieten. Das ist noch kein Expeditions-Lkw-Standard, wohl aber für ein Fahrzeug dieser Ausrichtung technisch mehr als ausreichend.

Problematisch ist hingegen die Form der Kabine: Ein langer, tiefer Überhang hinten, eine tief heruntergezogene Staukiste auf der Fahrerseite und eine sehr große Panoramaluke über dem Fahrerhaus setzen dem Xtura ganz klare Grenzen beim Befahren unbefestigter Strecken. Hier hätte der Hersteller mit nur wenigen Modifikationen ein deutlich erweitertes Einsatzspektrum schaffen können, hat sich aber dafür entschieden, zunächst einmal Bestandskunden mit der Idee eines 4×4-Mobils abzuholen.

Die Ausstattung ist partiell optional, Eura hat sie in vier Paketen verpackt:

Xperience Paket: 92-Liter-Kraftstofftank, MBUX, elektrischer Dachventilator, Midi-Heki, Moskitonetz für Karosserie, Vorinstallation für Solaranlage, Backofen, Smartphone-Ladeschale, Distronic , Ablagefach am Armaturenbrett, Klimaautomatik, Verkehrszeichenassistent

Assistenzpaket (Aktiver Spurhalteassistent, Fernlichtassistent, Regensensor, Nebelscheinwerfer, LED-Hochleistungsscheinwerfer)

Overland-Paket (18-Zoll-Delta-Felgen + BFGoodrich-AT-Reifen 265/60/R18 C, Dachträger mit Solarpaneelen, Heckleiter, Reserveradhalter hinten)

Abenteuerpaket (Offroad-Navigationssystem Garmin Tread, Bodenabdeckung, Teppich mit Gummimatte, faltbares Solarpanel, Fußbodenheizung in der Fahrerkabine)

Zierrat und Nutzwert

Dass sich ein Allrad-Reisemobil auch über Anbauteile definiert, ist auch bei Euramobil offenkundig bekannt, und so wurde viel Arbeit in einen kleinen Leuchtenträger mit LED-Fernscheinwerfern investiert, die Baunummer 01 rollt – wie sollte es anders sein – auf 18 Zoll großen Deltafelgen ab. Pragmatisch und gut: Der vordere Stoßfänger und die umlaufende, untere Beplankung sind nicht lackiert, dürfen also auch mal durchs Unterholz kratzen. Mit dem durchlackierten ML-T würde das nicht mehr jeder machen. Auch einen Motor-Unterfahrschutz aus Alu hat die Baunummer 01, eine sinnvolle Sache.

Der Xtura 686 EF ist 6,86 Meter lang, 2,19 Meter breit und 3,05 Meter hoch. Bei einem Gesamtgewicht von 4.100 Kilogramm sollen 500 Kilogramm Zuladung bleiben, demnach wird ein Leergewicht (je nach Sonderausstattung) von rund 3,6 Tonnen im Fahrzeugschein stehen. Das ist für ein Sieben-Meter-Reisemobil ein fairer Wert.

Überzeugend ist auch die Wasserversorgung, 145 Liter Frischwasser und 105 Liter Grauwasser (beide beheizt) sind passend für eine lange, autarke Reise. Die Batteriebank bietet 330 Amperestunden aus LiFePo-Akkus, kombiniert mit einem 120 Ampere starken Ladegerät und einem 3kw starken Inverter.

Und was kostet das alles?

Zum derzeitigen Zeitpunkt listet Eura Mobil das Fahrzeug noch nicht in seinem Angebot, die offizielle Premiere ist für die CMT in Stuttgart geplant. Als Anhaltspunkt kann aber ein Angebot eines norwegischen Händlers dienen. Dieser bietet ein mit allen Paketen ausgerüstetes Fahrzeug für umgerechnet 221.000 Euro zum Verkauf an. Damit hat sich Euramobil zumindest preislich in die 4×4-Premiumliga vorgearbeitet, und steht im direkte Wettbewerbe auch zum EX 366 von Bimobil, der bei 177.000 beginnt, ausstattungsbereinigt aber ebenfalls leicht die 200.000 Euro-Marke knackt. Während das Bimobil aber mit kurzem Überhang und attraktivem Leergewicht (3,1 t) punkten kann, und sich damit auch jenseits des Asphalts souverän bewegen kann, werden dem Xtura hier schnell Grenzen gesetzt sein.

Die Frage, ob das Euramobil ein Weltreisemobil von der Stange sein kann, lässt sich derzeit also nur mit Blick auf die Reisegewohnheiten beantworten. Klar ist: Mit Tankkapzitäten, Technik und Bauqualität der Kabine kann der Wagen punkten. Wie weit der Rest genügt? Der explorer wird es im Rahmen einer Testfahrt in den kommenden Wochen herausfinden.

 

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