Wann immer das Thema Camper-Selbstbau an die Öffentlichkeit schwappt, außerhalb sozialer Medien, gibt man ihm all zu gern den Anstrich des deppenhaften. Des amateurigen. Vor allem aber des abseitigen, nischigen. Haha, da hat mal wieder jemand „zur Stichsäge gegriffen“ und sich etwas „zusammengezimmert“. Wortwahl, Protagonist, Duktus – es muss schon ein Wunder geschehen, dass sich wohlmeinendere Passagen in so einen Beitrag verirren. Liegt das daran, dass sich die Selbstbauszene nicht gut vermarktet, nicht gut präsentieren kann? Oder doch eher daran, dass es Außenstehenden an Vorstellungsvermögen fehlt?
Dass es in den Redaktionen von Publikumsmedien, Tageszeitungen und regionalen Fernsehprogrammen nicht für solch einen tiefen Blick in die hinteren Ecken der Campingszene reicht – geschenkt. Dass aber seriöse Fachmedien großer Verlage noch immer versuchen, DIY wegzulächeln oder mit iditiotischen Basteltipps (zuletzt: „so macht man sich aus Gläsern tolle Wandhalter“) allenfalls rudimentär zu bespielen, ist mittlerweile mindestens so köstlich anzusehen wie der Aufwand des Stuttgarter Motorpresse-Verlages, in der Messe-Vorberichterstattung die Präsenz des „Abenteuer Selbstausbau“ aus den Messeplänen des Caravan Salon Düsseldorf herauszuretuschieren. Wenn ich die Augen zumache, bist du nicht mehr da.
Dabei ist die Realität längst eine andere. Konkrete Zahlen gefällig? Unzählige Facebook-Gruppen zum Thema haben enorm hohe Teilnehmerzahlen, so etwa „Camperausbau leicht gemacht“ mit 147.000 Mitgliedern, selbst ganz spezifische Inhalte wie „DIY Wohnkabinen & Wohnmobilbau“ erreichen noch 9.917 Interessenten. Das Portal Womobox.de, eine der ältesten Foren-Websites zum Thema, zählt derzeit 6.500 aktive Mitglieder, hier wird vom Nachrüsten eines Lüfters bis zum Bau komplexer Fahrzeuge alles diskutiert.
Bei den Publikumsmessen immerhin setzt derzeit ein Umdenken ein. Nachdem der Düsseldorfer Caravan Salon im Jahr 2022 in Zusammenarbeit mit dem explorer erstmals den Mut aufbrachte, Bastlern und Tüftlern ein eigenes Forum zu geben, zog in diesem Jahr mit der CMT in Stuttgart auch die zweite große deutsche Messe nach, ähnlich sieht es bei verschiedenen regionalen Veranstaltungen aus. Ein Lichtblick – auch wenn der erste Impuls zur Durchsetzung sicher davon getrieben war, dass im Zuge des Corona-Chaos und rapide steigender Preise bei gleichzeitiger Nichtverfügbarkeit von Neufahrzeugen ein Gegenpol geschaffen werden sollte.
Hat dies in der Presselandschaft für ein Echo gesorgt? Oh ja. Wenn es auch nur ein kurzes Flackern war: als sich die Messe Düsseldorf im Folgejahr traute, aus dem ersten kleinen Versuch eine große Sonderfäche werden zu lassen, mit viel Aufwand und viel Programm, wurden die Publikumsmedien im Rahmen ihrer Messeberichterstattung doch hellhörig.
Und die Branche? Schläft auch im Jahr 2025 weiter.
Wer einen Camper aus- oder umbauen will, tut sich in vielen Bereichen deshalb schwer, einfach und kostenattraktiv an geeignetes Material zu kommen – oder handwerkliche Hilfe in einzelnen Bereichen zu finden. Weder gibt es ein ausreichendes Angebot spezialisierter Anbieter für Komponenten und Bauteile, noch Werkstätten, die auf die Wünsche von DIYern eingehen können – etwa, wenn es um die Umsetzung einer elektrischen Anlage geht oder die Montage komplexer Komponenten, wie etwa Hoch- oder Aufstelldächer. Immer wieder erreichen den explorer diese Anfragen und immer wieder lautet die Feststellung: „Schwierig!“
Erstaunlich, wie dieses Geschäftsfeld unberücksichtigt bleibt und Bastler damit nicht nur handwerklich, sondern auch logistisch kreativ werden müssen.
Selbstverständlich gibt es Ausnahmen: der Holzlieferant Sven Bauhaus etwa, der für den Transport seiner Sperrhölzer einen Transportservice anbietet. Der Technik-Anbieter Tigerexped, dem man bei Sortiment und Beratung anmerkt, wie viele Tüftler dort im Team arbeiten, die die Sorgen und Nöte ihrer Kunden kennen. Leerkabinenproduzenten wie Ormocar, die seit Jahrzehnten ausschließlich Bastler als Kunden betreuen.
Die breite Masse aber? Kann mit dem Selbstausbauer auch 2025 nicht (mehr) viel anfangen. Das markiert am deutlichsten wohl der Teile-Groß- und Einzelhändler Reimo. Anfang der 1980er-Jahre als Teilehandel für Selbstbauer gestartet, nachdem Gründer Günter Holona sich selbst einen VW-Bus zum campen hergerichtet hatte, fremdelt der Familienbetrieb so sehr mit seinen Wurzeln, dass es sich beim kommenden Caravan Salon nicht mit der Marke „Selbstausbauer willkommen“ schmücken will.
Selbstausbauer willkommen – das gilt auf der diesjährigen Messe für 41 Betriebe, fünf Prozent von 833 Ausstellern. Es ist eine Initiative der Messe Düsseldorf, Bastlern und Tüftlern transparenter zu zeigen, welche Firmen für DIY-Projekte aufgeschlossen sind. 41 von 833 ist sicher noch nicht spektakulär, der Ansatz aber zumindest ein Anfang und die logische Ergänzung zur Sonderfläche „Abenteuer Selbstausbau“ im Freigelände.
Dabei ist der Neuaufbau von Reisefahrzeugen nur ein Segment, das in den kommenden Jahren von einem zweiten, möglicherweise viel größeren Thema überschattet werden könnte: dem Instandsetzen und renovieren in die Jahre gekommener Bestandsfahrzeuge. Während die Preise für neue Camper steigen und steigen, wird es für viele Menschen attraktiver, ein gebrauchtes Mobil zu überarbeiten und fit zu machen für kommende Jahre. Ein Trend, der im Yachtbereich schon seit gut einem Jahrzehnt als „Refit“ hohe Bedeutung für Werften und Zulieferer bekommen hat – und der Branche hohe Umsätze beschert.
Es bleibt spannend zu beobachten, ob die Branche dieses Segment auch weiterhin ignorieren kann – oder ob sich Selbstausbauer zu einer ernsthaften und auch wirtschaftlich attraktiven Zielgruppe entwickeln. Schließlich hat nicht zuletzt das zurückliegende explorer Ostsee-Camp wieder einmal bewiesen, dass Eigenbauten alles andere als deppenhaft, schlampig und billig zusammengehauen sein müssen. Was ist Ihre Meinung? Sind Selbstausbauer zu Recht unterrepräsentiert – oder wäre es wünschenswert, wenn sie größere Aufmerksamkeit bekämen? Schreiben Sie uns gern Ihre Meinung!