Skorpionstich – und nun?

Jährlich kommt es zu zahlreichen Unfällen mit Skorpionen – und die Zahl steigt. Ein Überblick, wie man im Fall eines Stichs vorgeht und wie man ihm vorbeugt

Ein chemischer Prozess lässt das Exoskelett des Skorpions unter UV-Licht grün-blau schimmern

Gefährlich, giftig, eklig – es gibt wohl kaum ein positives Wort, mit dem die meisten Menschen einen Skorpion beschreiben würden. Dabei ziehen sich die Spinnentiere am liebsten unter Steine und in Ritzen zurück, ernähren sich von Insekten und kleinen Wirbeltieren und möchten mit dem Menschen gar nichts zu tun haben. Dennoch kommt es jedes Jahr zu tausenden Unfällen, bei denen Mensch und Skorpion aufeinandertreffen.

Wie viele Skorpionarten es tatsächlich gibt, ist unklar. Schätzungen gehen von rund 1.500 aus, hunderte Arten gelten als noch nicht erforscht. Einige der Spinnen­tiere leben sogar in Europa. Zwar ist es ihnen in Deutschland zu kalt, jedoch existieren schon im ­Süden Österreichs und der Schweiz sowie in Italien Skorpione, die glücklicherweise – wie generell in Mitteleuropa – ungefährlich sind und meist der harmlosen Gattung Euscorpius angehören.

Doch woran erkennt man, ob ein Skorpion giftig ist  oder nicht? Falsch ist die Annahme, dass große ­Skorpione ungefährlich seien. Eher kann das Schwanz-Scheren-Verhältnis bei der Einstufung helfen: Sind die Scheren, also seine Greifzangen, deutlich größer und breiter als der Schwanz mit seinem Gift­stachel, ist der Skorpion für den Menschen eher ungefährlich. Ist jedoch der Schwanz genauso kräftig wie die Scheren oder sogar noch breiter, kann das Tier durchaus giftig sein. Der Grund für die Unterscheidung ist naheliegend: Das giftige Tier benötigt keine großen Scheren, um seine Beute festzuhalten, sondern injiziert ihr direkt die tödliche Dosis.

 

Wo trifft man auf Skorpione?

Beheimatet sind Skorpione in den Tropen und Sub­tropen. Die meisten gefährlichen ihrer Art leben in Nordafrika (unter anderem in dem bei Overlandern beliebten Reiseland Marokko), im mittleren Osten sowie in Mittel- und Südamerika – dort vor allem in ­Mexiko und Brasilien. Dabei ist die Anzahl der wirklich lebensbedrohlichen Gifttiere erstaunlich gering. Von den unzähligen Arten gelten gerade einmal zwei Dutzend als sehr gefährlich, der Großteil von ihnen gehört der Gattung Buthidae an. Doch nicht immer sondern Skorpione bei einem Stich ihr Gift ab – das tun sie nur dann, wenn sie sich in die Enge gedrängt fühlen.

Je kleiner die Scheren und je größer der Schwanz, desto stärker ist das Gift

Auch wenn die nachtaktiven Tiere sandige und steinige Böden bevorzugen, um sich dort vor Hitze und Kälte zu schützen, drängen sie weiter in die Städte vor, beispielsweise nach São Paolo. Die Zahl der Unfälle stieg in Brasilien in den letzten Jahren massiv an, rund 141.000 Menschen wurden im Jahr 2018 gestochen,  11,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Tiere verbreiteten sich vor allem dort, wo unachtsam Müll weggeworfen wird, der Kakerlaken und anderes Ungeziefer anzieht – die Nahrung des Skorpions. In Städten ziehen sie sich in Häuser, vor allem in Keller, zurück.

 

Gestochen – wie reagiert der Körper?

Sticht der Skorpion zu, macht sich das in aller Regel zunächst durch einen lokalen Schmerz bemerkbar. Gehört das Tier einer ungiftigen Gattung an, ist das mit einem Wespenstich vergleichbar. Die betroffene Stelle rötet sich und schwillt an, nach wenigen Minuten ist das Schmerzmaximum erreicht und klingt in den nächsten Stunden wieder ab. Gefährlich wird es bei diesen Stichen nur, wenn der Betroffene, ebenfalls ähnlich wie bei einem Wespenstich, allergisch reagiert. Das kommt jedoch nur in seltenen Fällen vor. Geht der Stich mit einem stärkeren Schmerz einher, kann dies – unter anderem aus der Angst heraus – zu Übelkeit, Schwindel, bis hin zum Kreislaufkollaps führen.

Zählt der Skorpion zu einer toxischen Gattung, kann der brennende Schmerz bis zu mehrere Tage anhalten. Neben Übelkeit und Erbrechen kann Fieber auftreten, in noch schlimmeren Fällen kommt es zu Muskelkrämpfen, sogar Lähmungen und, aufgrund von extrem hohem Blutdruck, zu Atembeschwerden. Besonders toxische Stiche können, je nach Skorpion­art, das Herz-Kreislauf-System oder das zentrale Nervensystem angreifen. Zu den giftigsten Skorpionen zählt der Gelbe Mittelmeerskorpion, der unter anderem in Nordafrika und der Türkei beheimatet ist. Seine Injektion kann für Kinder tödlich enden. Generell reagieren Kinder aufgrund ihres geringeren Körpergewichts noch stärker auf die hohe Dosis als Erwachsene. Auch Menschen mit einem schwachen Immunsystem reagieren stärker auf einen Stich.

 

Vorsicht beim Festfahren: Skorpione fühlen sich auf sandigem und steinigem Boden besonders wohl und können sich unter Brettern und Steinen verstecken

 

 

Wie handelt man nach einem Stich?

Nach dem Angriff eines ungiftigen Skorpions reicht es meist, die Person zu beruhigen, die betroffene Stelle zu desinfizieren und den intakten Tetanusschutz zu prüfen. Je nach betroffener Stelle empfiehlt es sich, Ringe oder Armbänder abzulegen, falls eine Schwellung auftreten sollte. Hält der starke Schmerz länger an, sollte man zur Überwachung ins Krankenhaus.

Generell gilt, nach dem Stich die Stelle so zu lassen, wie sie ist. Weder Aussaugen, noch Aufschneiden oder Ausbrennen können hier helfen. Vielmehr sollte man die Wunde möglichst ruhigstellen. Ist der Transportweg zum nächsten Arzt etwas länger, kann man gegebenen- falls das Bein locker schienen oder den Arm in eine Schlinge legen. Keinesfalls darf die Stichstelle abgebunden werden. Auf dem Weg zum Arzt darauf achten, dass Atmung und Kreislauf aufrechterhalten bleiben. Meist werden die Stiche der aggressiveren acht­beinigen Tiere mit Schmerzmitteln und blutdrucksenkenden Mitteln behandelt. Für einige Skorpionarten existieren sogar Gegengifte, da hilft ein Foto des Tieres.

 

Gefährlich schön

Ob gefährlich oder nicht, eines haben alle Skorpione gemeinsam: Ihre äußere Schicht, das Exoskelett, leuchtet im Dunkeln, sobald man eine Schwarzlichtlampe über sie hält. Das liegt an bestimmten Substanzen, die im Panzer enthalten sind. Dabei gilt: je dunkler das Tier, desto stärker die Leuchtkraft.

 

So beugt man einem giftigen Stich vor

Besonders in den Lebensräumen toxischer Skorpione ist Vorsicht geboten:

  • weder Steine noch Äste aufheben
  • nicht in Felsspalten oder Mauerritzen greifen
  • weder in dunkle noch in nicht einsehbare Ecken und Fächer greifen
  • in Wüstenregionen festes Schuhwerk tragen, nicht barfuß laufen und nicht auf den Boden setzen
  • Kleidung vor dem Anziehen kontrollieren
  • Schuhe ausschütteln, bevor man sie anzieht
  • Betten, Ritzen und Handtücher kontrollieren
  • besonders in der Dunkelheit darauf achten, wohin man tritt, da Skorpione nachtaktiv sind
  • im Fall einer Begegnung mit dem Tier, sich zurückziehen
Teilen