Fahrschule: Steile Auffahrten richtig bewältigen

Steile Rampen mit losem Boden fordern Fahrer und Fahrzeug viel ab – und sind nicht ganz ungefährlich

steile Auffahrten
Heikler Blindflug: In dieser Position kann der Fahrer über viele Meter voraus den Weg nicht einsehen

Wie eine Wand steht sie vor einem, die Auffahrt auf das ersehnte Plateau. Es ist nicht nur eine kleine Kuppe, über die man vom Fahrerhaus bereits hinwegblicken kann, hier geht es gut 80, 100 Meter steil und gerade bergauf. Respekteinflößend, aber jetzt noch umkehren?

Rampen wie diese finden sich immer wieder, egal wo. Mal führen sie zur Furt hinab, mal liegen sie als Dünenkamm voraus, dann wieder sind sie einfach nur eine mögliche Ausweichstrecke, um von einer blockierten Straße herunterzu­kommen. Während es bergab nur gilt, die Reifen nicht blockieren zu lassen, also im passenden Gang eingekuppelt die Falllinie bergab zu rollen, kann bergauf durchaus das Fahrzeug auf dem Spiel stehen. Was, wenn das ­Drehmoment, die Motorleistung auf der Hälfte der Strecke nicht genügt, die Maschine abstirbt? Üben Sie für diese Fälle schon unter weniger Risiko, einen Motor mit eingelegtem Rückwärtsgang zu starten, denn das größte Risiko am Berg ist ein unkontrolliert rutschendes Fahrzeug mit (durchs Bremsen) blockierten Rädern.

Gleichzeitig ist die Sicht eingeschränkt, vom Untergrund sieht der Fahrer selten das Nötige, muss nach Gefühl fahren, oder besser unter Anleitung seines Beifahrers. Für Camper kommt eine Sache erschwerend hinzu: Die Aufbauten verlagern den Schwerpunkt viel stärker auf oder gar hinter die Hinterachse. Ein sachter Gasfuß bewahrt hier vor ­einem ungewollten Überschlag bergab. 

 

Der Boden macht den Unterschied

Beim Offroadfahren ist die wichtigste Regel, immer so langsam zu fahren wie möglich – und nur so schnell wie nötig. Ist die anstehende Rampe fest und bietet dem Reifen sichere Traktion, sollte der Hang mit eingeschalteter Untersetzung und im ersten oder zweiten Gang angefahren werden – so, dass der Motor am oberen Ende des optimalen Drehzahlbandes arbeitet.

 

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Auf keinen Fall untertourig klettern – stoppt ein Stein oder weicher Boden den Vortrieb, kann der Wagen absterben, der Vortrieb geht verloren, der Wagen kann zu rutschen beginnen – und ein Motorstart mit eingelegtem Gang kostet Laien immer Überwindung. Bietet der Boden auch mit abgesenktem Luftdruck keinen Halt, auf glattem Fels beispielsweise, kann es sinnvoll sein, mit mehr Schwung zu fahren. Aber Vorsicht: Starkes Beschleunigen an steilen Auffahrten kann gerade bei kopf- und hecklastigen Autos dazu führen, dass diese vorn den Bodenkontakt verlieren und sich über die Hinterachse überschlagen. Auf sandigem Boden ist es nützlich, beim Bergauffahren das Lenkrad nach rechts und links pendelnd einzuschlagen, um die Traktion etwas zu erhöhen.

Die Schwerkraft ist unerbittlich, ein Verlust des Autos gut möglich

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100 % = 45 Grad: Geht der Weg auf einem Meter Horizontale einen Meter in die Höhe, erscheint das wie eine Steilwand: 45 Grad oder 100 Prozent Steigung bewältigt nur eine kleine Anzahl von Fahrzeugen. Im Bild links zu sehen: eine Steigung von 45 %. Limitierende Faktoren: Motorleistung, Drehmoment, Traktion. Fehler machen ist keine Option.

 

So bitte nicht: Wer seinen Wagen diagonal oder quer zur Falllinie steuert, riskiert einen seitlichen Überschlag des Fahrzeuges, egal ob der Weg bergauf oder bergab geht. Anstiege von mehr als 10 – 15 Grad Steigung sollten immer nur rechtwinklig angefahren werden. Wer sich dennoch in der Situation befindet, den Wagen quergelenkt zu haben, weil die Spur beispielsweise glatt und rutschig war, sollte vor allem schnelle Fahrmanöver vermeiden. Eine Situation wie die unten im Bild durch Gasgeben retten zu wollen, endet im Überschlag. Richtig hingegen: Kleinere Autos mit Personen auf der entlasteten Achse absichern (sofern eine Gefährdung auszuschließen ist), den Wagen mit Schlepp- oder Windenseil stabilisieren, eine mögliche Route suchen und ablaufen, das Auto sachte in Falllinie einlenken und den Rückzug antreten. Sich dabei mit der Seilwinde abzusichern (sofern vorhanden), ist nur zu empfehlen und hilft, unbeschadet aus der Situation herauszukommen.

 

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Gratwanderung

Auffahrten wie diese bergen ein großes Risiko-potential: Die Rampe ist steil, schmal und der Boden locker. Schon ein kleiner Fahrfehler genügt und das Fahrzeug kann abrutschen wie auf diesem Bild. Schlimmer noch: Allein durch das Gewicht des Fahrzeuges kann sich der Hang in Bewegung setzen und unter den Rädern wegbrechen. Auf Reisen lautet die Empfehlung: nicht befahren. Außer, man kann sich nach oben hin zuverlässig per Seilwinde absichern – mehr dazu im Absatz oben rechts. Die Tücke an so einer Rampe: Steckt man erst einmal in so einer Situation wie der Unimog, der mangels Aufbau hier sogar über einen sehr tiefen Schwerpunkt verfügt, kommt man kaum wieder auf die richtige Spur.

 

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Auf keinen Fall zurücksetzen – der nötige Lenkimpuls, um wieder auf den Weg zu gelangen, würde den Vorderwagen noch weiter hangabwärts führen. Stattdessen muss die Flucht nach vorn angetreten werden. Hat man es dann sicher auf die Spur geschafft, gibt es selten ein Zurück, denn dort liegt der aufgebrochene, abgerutschte Teil des Weges. Liegt eine solche Rampe voraus und kann nicht umfahren werden, sollte man sie zuvor sorgfältig ablaufen und prüfen.

 

Mit der Winde

Sich mit einer Winsch eine so steile Auffahrt hinaufzuzwingen, den das Auto von sich aus nicht bewältigt hätte, ist auf Reisen nur im Notfall zu empfehlen – und auch dann nur über kurze Distanzen. Versagt ein Teil des Systems, vom Anschlagpunkt bis zur Winde selbst, rutscht der Wagen beinahe ungesteuert zu Tal. Sinnvoll ist es dagegen, die Winde als Absicherung zu verwenden, um schmale Rampen mit schlechter Bodenbeschaffenheit zu erklimmen (siehe links). Besteht die Gefahr, dass der Wagen im Manöver seitlich von der Spur abkommen könnte, dient die Winsch hier als gutes Mittel zur Eigensicherung. Wer mit Freunden, aber ohne Winde, reist, kann auch das Abschleppseil und das vorausfahrende Fahrzeug nutzen – sofern dieses die Passage bereits erfolgreich hinter sich gebracht hat.

 

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Bei steilen Auffahrten und Kuppen ist die Sicht voraus extrem eingeschränkt. Wer auf Nummer sicher gehen will, schickt seinen Beifahrer mit einem Funkgerät vor. Besondere Vorsicht ist bei Konvoifahrten ratsam, denn hinter der Kuppe kann ein Fahrzeug stehen, das der nachfolgende Fahrer erst viel zu spät erblickt. Wie generell beim Offroadfahren gilt auch hier: Rückenlehne aufrecht, den Sitz hoch einstellen. Fahrer von Frontlenker-Lkw sind beim Blickfeld etwas im Vorteil, an das Gefühl, vor seiner Vorderachse über Hindernisse zu fahren, muss man sich jedoch erst gewöhnen.

 

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Klettern über Stock und Stein

Eine felsige Anhöhe zu erklimmen, ist die hohe Schule des Gelände-wagenfahrens, dies macht beispielsweise den Rubicon Trail so legendär. Die Tücken: Der Fels bietet meist wenig Traktion, weil er entweder locker ist oder fest und glatt geschliffen. Auch verhindert er das Vorankommen, weil die Reifen über zusätzliche Hindernisse rollen müssen, gleichzeitig wird die Vorderachse mit jedem unnötigen Gasstoß entlastet und verliert damit Traktion und Seitenführung. Deshalb: Luftdruck absenken, Hinterachssperre und Untersetzung einlegen, dann langsam im ersten Gang bergauf fahren, der Beifahrer weist von außen die beste Route. Stetig klettern, nicht ruckartig Gas geben, der Vorderwagen könnte beginnen zu springen, Kontrollverlust und Schäden an Antriebswellen drohen.

Steigungen von mehr als 25 Grad sind für Reise-Offroader bereits herausfordernd

 

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Bergan ohne Untersetzung

An steilen Auffahrten ist der untersetzte zweite oder gar erste Gang die richtige Wahl. Wer kein Reduktionsgetriebe hat, wie beispielsweise der VW-Bus, muss mit entsprechend mehr Schwung anfahren, um den Motor auf Drehzahl halten zu können. Nie versuchen, mit schleifender Kupplung bergauf zu fahren! Bedingt durch das höhere Tempo, können die Räder, gerade an der entlasteten Vorderachse, schnell beginnen durchzudrehen. Im Notfall gibt es nur eine Lösung: umdrehen und im Rückwärtsgang bergauf – dieser ist noch einmal kürzer übersetzt.

 

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Rampen und Böschungen

Es ist nicht nur der Hang an sich, der tückisch sein kann, auch dessen oberes und unteres Ende haben es in sich. Hier muss die Karosserie und Aufbauform des Autos seine Geländegängigkeit beweisen, tricksen unmöglich. Entscheidend sind drei klassische Werte: der vordere und hintere Böschungswinkel sowie der Rampenwinkel zwischen den Achsen. Für Erstere gilt: Je kürzer die Karosserie-Überhänge, desto steiler kann die Böschung ausfallen. Soll ein Auto nach StVZO als Geländewagen eingestuft werden, sind sogar Mindestmaße nötig: vorn 25 Grad, hinten 20 Grad. Das erlaubt es, eine Steigung von 45 Prozent rechtwinklig anzufahren.

 

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Gerade Pickups mit großen Absetzkabinen bieten meist deutlich weniger Freiheit, bei der Kombi rechts im Bild sind es nur magere 14 Grad. Am oberen Ende des Hanges ist dann der Rampenwinkel entscheidend. Führt der Weg dort horizontal weiter oder senkt sich der Boden dahinter wieder, wie beispielsweise an einem Dünenkamm? Der Rampenwinkel wird zwischen den Rädern und dem niedrigsten Punkt dazwischen ermittelt, meist dem Verteilergetriebe. Hier wünscht sich die StVZO mindestens 20 Grad.

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