08. März 2020: Der „Volkswagen Bus und Lieferwagen“ ist 70! Im Namen zigtausender Handwerker, Familien, Surfer, Aussteiger, Camper, Weltenbummler, Hippies, Rockbands, Festivalbesucher, Umzugshelfer und Selbstausbauer sagen wir: Herzlichen Glückwunsch, Bulli!

Er rollt und rollt und rollt – Motor des Wirtschaftsbooms
Mit dem Bus und Lieferwagen, kurz: Bulli, hatte VW 1950 eine Lücke geschlossen. Seit dem 8. März 1950 rollen die Bullis vom Band. Zunächst in Wolfsburg gebaut, wurde ab 1956 im Volkswagenwerk Hannover produziert. Kein Nutzfahrzeug – wenn man den Bulli denn so einstufen möchte – wurde weltweit länger gebaut und zudem nicht ansatzweise in diesen Stückzahlen. Offensichtlich gierte die Gesellschaft in der Nachkriegswelt nach einem universell einsetzbaren, wirtschaftlichen, zuverlässigen Fahrzeug für die boomende Wirtschaft in einer sich schnell verändernden Welt.
Ob als Lastenesel, Krankenwagen, rollende Eisdiele, Urlaubsmobil oder Mannschaftstransporter, der Bulli konnte in nahezu allen Lebenslagen eingesetzt werden. Und bis heute ist der Erfolg ungebrochen.

Auch abseits der befestigten Straßen machte der Bulli eine gute Figur. Gepaart mit der guten Gewichtsverteilung (Motor und Getriebe direkt auf der angetriebenen Hinterachse), den verhältnismäßig kurzen Radständen und den kurzen Überhängen, war man auch bereits mit den beiden früheren Brüdern in der Lage, ein wenig durch unwegsames Gelände zu schaukeln. Der Typ 1 hatte sogar eine Portalhinterachse mit Vorgelegen, die aus dem legendären Kübelwagen stammte. Damit brachte es der Ur-Bulli auf eine beachtliche Bodenfreiheit von 240 Millimetern. Die bewährte und zuverlässige Antriebstechnik wurde damals zunächst nahezu unverändert vom Käfer übernommen. Der überwiegende Teil des Fahrzeuges wurde jedoch neu konstruiert.
Allrad ohne Grenzen: der Syncro erobert die Welt
Immer mehr Modelle und Bauformen kamen nach und nach auf den Markt. Die Prototypen eines T2-Allrad sollten jedoch nicht die Serienreife erlangen. Obwohl zwei Modelle die Sahara und Algerien durchquerten und dabei sogar als unpassierbar eingestufte Passagen meisterten. Der Nachfolger T3 (offizielle Bezeichnung „Typ2-Modell ’80“) konnte dann endlich auch mit permanentem Allradantrieb geordert werden. Von da an war das Einsatzgebiet noch weiter gefasst und man fand den Bulli selbst an den abgelegensten Orten der Erde.


Mit dem T3-Syncro setzte VW jedoch noch eins drauf: Fünf zusätzliche Zentimeter Bodenfreiheit im Vergleich zum 2WD, ließen den Bulli tatsächlich zu einem hochbeinigen Kletterkünstler werden. Leicht modifiziert und mit ein paar zusätzlichen Sperren aus dem Zubehör (eine Hinterachssperre war nur beim T3 in der seltenen Syncro-Variante mit 16-Zoll-Bereifung Serie), erreicht man mit dem Bulli tatsächlich eine bemerkenswerte Offroad-Performance. Wen wundert’s, gebaut wurden die Syncro-Fahrzeuge in Graz von der Steyr, Daimler, Puch AG. Bei den Aggregaten verdrängten die wassergekühlten Benziner und sparsamen Dieselmotoren nach und nach die in die Jahre gekommenen und durstigen luftgekühlten Boxermotoren.
Ein Lastgang statt vollwertige Untersetzung
Statt einem vollwertigen Untersetzungsgetriebe gab es bei den Syncro-Getrieben lediglich einen stärker untersetzten ersten Gang („G-Gang“). Statt oben links findet sich dieser unten links auf der Schaltkulisse und musste wie ein Rückwärtsgang durch Runterdrücken des Wahlhebels eingelegt werden.
Die späteren Modelle T4 bis T6 mit Frontmotoren reichen aufgrund des überarbeiteten Fahrzeugkonzepts nicht mehr ganz an die Geländegängigkeit eines T3 heran – zumindest nicht in der Werksversion. Der Allradantrieb wurde mittlerweile in den neueren Modellreihen modifiziert und umbenannt in „4Motion“ (T5 bis T 6.1), die Visco- musste zudem einer Haldex-Kupplung weichen.


Seit 70 Jahren rund um den Globus beliebt
Bereits seit über sieben Dekaden sind Bullis aus dem Straßenverkehr nicht mehr wegzudenken. Und das weltweit! Während hierzulande die Produktion der alten Modelle beim Wechsel der Baureihe eingestellt wurde, sah es jenseits von Europa ganz anders aus. Der T3 lief in Südafrika noch bis 2002 von Band (Europa: 1992). Mit der mit Abstand längsten Bauzeit aller Modellreihen wartet aber der T2 auf: Die Produktion begann 1967 in Hannover und endete erst 46 Jahre später in Brasilien mit der Modellreihe „Typ 2 T2c“. Von dort aus wurde noch viele Jahre nach dem europäischen Produktionsstopp der gesamte süd- und mittelamerikanische Markt versorgt, und erst im Jahr 2013 rollte dort der letzte „runde“ Bulli vom Band. Die T2-Produktion lief also noch, da stand hierzulande bereits seit zehn Jahren der T5 in den Autohäusern. Ein Beweis, wie zuverlässig und beliebt selbst die runden Bullis in vielen Ecken der Welt waren und bis heute sind.

Seit Anbeginn der Bulli-Ära vor 70 Jahren wurden immer mehrere Varianten und Bauformen des Bullis angeboten. Ob Pritsche, geschlossener Kasten, Caravelle, Multivan oder Camper – bis heute ist kaum ein Fahrzeug so vielseitig unterwegs wie der VW-Bus.
Die sechs Evolutionsstufen des Bullis:
Typ 2 Modellreihen | Baujahre | Gebaute Einheiten | Motorleistung (kW) |
T1 | 1950-1967 (2000*) | 2,9 Millionen | 18-32 kW |
T2 | 1967-1979 (2013*) | 2,5 Millionen*** | 35-51 kW |
T3 | 1979-1992 (2002**) | 1,4 Millionen | 37-82 kW |
T4 | 1990-2003 | 2 Millionen | 44-150 kW |
T5 | 2003-2015 | 2 Millionen | 62-173 kW |
T6 | 2015-heute | 62-173 kW | |
*VW-Werk Brasilien | |||
**VW-Werk Südafrika | |||
***nur Werk Hannover |
Ausgemusterte Fahrzeugflotten liebevoll restauriert
Allradantriebe haben sich seit den Zeiten eines T3 fest in der Ausstattungsliste etabliert. Nahezu alle Varianten sind aktuell auch als 4×4 erhältlich. Neben zivilen Einsätzen in Forst, Kommune, Baugewerbe, Feuerwehr und THW setzte auch das Militär auf die zuverlässige Allrad-Technik. Viele ausgemusterte Bullis und Depot-Fahrzeuge befinden sich mittlerweile in Privatbesitz und werden häufig liebevoll erhalten und aufwendig restauriert. Und so sind bis heute unzählige VW-Busse sämtlicher Baureihen auf den Straßen und Pisten der Welt unterwegs.
Ob einfacher Kasten, Campingbus mit Faltdach, Pritsche mit Absetzkabine, Fahrgestell mit Aufbau oder Caravelle mit Dachzelt: Seit 70 Jahren haben ganze Generationen im Bulli die Welt erkundet und ihre Träume gelebt – Happy Birthday, Bulli!




















