Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Wie schnell doch so ein Jahrzehnt vergeht. Gerade noch improvisiert man mit begrenzten Mitteln die Erstausgabe hin, und ehe es man sich versieht, haben wir Autos aufs Dach rollen lassen, Blitzeinschläge provoziert, 87 Reiseregionen porträtiert, 83 Camper getestet und 70 Fahrzeuge Probe gefahren. Wir haben gelernt, wie Wunden richtig genäht werden und wie sich ein Reifen mit Bordmitteln flicken lässt. Haben unter Unimogs gelegen und mit Kompressoren in der Sauna gesessen. Spaß hat es gemacht! Nicht immer, zugegeben, aber doch sehr, sehr, sehr, sehr oft.
Zehn Jahre explorer. 54 Ausgaben. Aufeinandersgestapelt ergäben alle gedruckten Hefte einen Turm, 13 Kilometer hoch – Stirnseite an Stirnseite käme sogar eine Strecke von 486 Kilometern heraus. Manchmal braucht es so einen Vergleich, um zu bemerken, wie viel doch passiert ist, was das Heft auch ganz praktisch bewegt hat. Dreißig Sattelzüge, beladen mit dem explorer.
An vieles erinnert heute nur noch das eine oder andere herumliegende Relikt im Büro. Abgerissene Seilaugen eines aufschlussreichen Tests von Kinetikseilen etwa. Zerfledderte, mit Notizen gespickte Landkarten. Eine Kiste mit Währungen aus der ganzen Welt. Und natürlich Bilder. So blicke ich täglich im Büro auf die leuchtende Lava eines isländischen Vulkans, den ich im Rahmen einer Reiserecherche live besuchen konnte. Mit der Aufnahme verbunden bleibt die Erinnerung, dass man Kameradrohnen nicht zu tief und nicht zu lange in der kochend heißen Luft über dem Lavastrom fliegen lassen sollte …
Ich habe Journalisten nie gemocht. Ich habe sie alle in meinen Büchern sterben lassen. – Agatha Christie
Zehn Jahre, das sind nicht nur mehr als 3.650 Tage. Es waren auch immer wieder lange Nächte, wenn Themen im Magazin kurzfristig noch einmal umgeplant werden mussten, es waren bange Minuten, wenn sich der Weg auf Reisen als weniger tragfähig erwies als gedacht – und es waren auch schon einmal endlose Stunden in Wartestellung, als der Testwagen einfach nicht auffindbar war und der Hersteller spontan auf Tauchstation ging (also gab es für diese Ausgabe sogar gleich beides: lange Nächte und endlose Stunden, um den Fahrzeugtest wie geplant ins Heft zu bekommen).
Ändern wird sich in dieser Hinsicht wohl nichts: Journalismus ist und bleibt kurzweilig, spontan, aufreibend, abwechslungsreich, fordernd und faszinierend zugleich. Grund genug also, mit Freude auf das kommende Jahrzehnt zu schauen. Und das verspricht spannend zu werden.
A
Ausreiten, das
Es gibt Momente, da kommt eins zum anderen. Ein Auto mit hohem Schwerpunkt. Ein in den Fußraum gefallener Objektivdeckel. Ein zu lockerer Fuß auf dem Bremspedal. Und eine kleine Kante im abschüssigen Gelände direkt hinter der Werkstatt des Herstellers. Schon rollt das 200.000-Euro-Mobil unbemerkt rückwärts in eine unangenehme Schieflage und parkt auf drei Rädern ein.
Ruhig bleiben ist dann angesagt, aber das ist leichter gesagt als getan, wenn auf dem Beifahrersitz ein Jollensegler sitzt. Dessen Impuls ist dann nämlich anerzogen: Es muss sich mit dem Körpergewicht auf der hohen Kante gegen die unvermeidbare Kenterung gestemmt werden, ausreiten nennt sich das. Und so hofft Sönke, seines Zeichens Skipper eines 67 Jahre alten Holzbootes, dass er auf dem Vorderrad etwas ausrichten kann, der Testtag nicht mit einem gestrandeten Cruiser endet.
Womit Segler aber auch umgehen können: mit Seilen. Und so kümmert sich der zweite an Bord in aller Ruhe um die Rettung per Winde – professionell ausgeritten kann ja nichts mehr geschehen.
B
Brauerei, die & Bahnhof, der
Nachdem sämtlicher privater Lebensraum im Lübecker Ganghaus mit Schreibtischen zugestellt war und die gesamte Verlags- und Redaktionslogistik rund um das versteckte Ganghaus an seine Grenzen stieß, wurde es im Januar 2018 Zeit für die ersten eigenen Büroräume. Die fanden sich zur Miete in der 1883 gebauten ehemaligen Hansa-Brauerei, 100 Quadratmeter Werkstatt inklusive. Fünf Jahre später dann ein zweiter, vermutlich endgültiger Umzug: Es fand sich ein leer stehendes Bahnhofsgebäude, das ähnlich charakterstark ist wie die Räumlichkeiten zuvor, aber mehr Freiräume für neue Ideen bietet. Und wie es sich für ein Magazin gehört, das Selbstbauer und Bastler anspricht, wurden alle Räume eigenhändig hergerichtet.
C
Café, das
Produktionstage außer Haus sind teuer. Jede Minute will genutzt sein, jeder Lichtstrahl eingefangen. Hinzu kommt, dass der Redaktionssitz nicht im Herzen der Automobilrepublik liegt, sondern im Norden, und sich so endlose Kilometer hinterm Steuer ansammeln. Mittagspausen? Die fallen bei Ortsterminen meist hinten runter – ein belegtes Brötchen muss dann genügen. Wie lieben wir dann die langen, warmen Sommertage, die etwas mehr Zeit schenken. Und hin und wieder kommt es dann vor, dass sich doch noch eine Stunde findet, um es sich vor der Rückreise noch etwas gut gehen zu lassen. Erschöpft, aber glücklich.
Caravan Salon, der
Auch in der Nähe der Messe Düsseldorf gibt es ein kleines Eiscafé – doch die zehn Tage Ende August lassen uns selbst bei bestem Wetter keine Gelegenheit, dort einzukehren. Als Gastgeber der „Abenteuer Selbstausbau“-Sonderschau (seit 2022) gibt es täglich Besucher-Vollkontakt, was riesigen Spaß macht, aber auch ordentlich schlaucht. Vielleicht bringt uns ja im Sommer 2024 jemand ein Eis an den Stand …
D
Drohnen, die (Plural)
Von Tag 1 des explorer gehörten ergänzende Videobeiträge zur Magazin-Philosophie – und was fährt, kann nicht statisch gefilmt werden, auch das ist gesetzt. Die Konsequenz: Das Experimentieren und Nutzen von Quadrokoptern. 2014 steckt die Technik noch in den Kinderschuhen, wir experimentieren mit untergeklebten GoPro-Kameras, kämpfen mit wenigen Minuten Flugzeit und erratischem, kaum kontrollierbarem Flugverhalten, Abstürze und Defekte gehören zum Produktionsalltag dazu. Der Lohn der Mühe: attraktives Videomaterial, das nicht nur die Testwagen in Bewegung zeigt, sondern auch neue, damals unverbrauchte Ansichten der bereisten, im Heft vorgestellten Länder. Das geht manchmal auch ungeplant schief. Ein Kopter verfing sich im Ufersaum des Neckar und stürzte ins Wasser, ein zweiter vertrug die Hitze ausströmender Lava nicht und versank in einem isländischen Vulkan.
Differentialsperre, die
Eine Sperre ist ein gefährliches Instrument. Das wissen wir, und doch erwischte es uns auf einer Testfahrt: Während ein Rad mit Schwung in der Luft drehte, rückte die Sperre ein – und zerlegte die dahinterliegende Antriebswelle mit großem Trara. Der einzige Termin in zehn Jahren, bei dem der Testwagen nicht auf den eigenen Rädern heimkehren konnte.
E
Ente, die
Was auch als journalistische Falschmeldung interpretiert werden kann, machen wir regelmäßig mit Absicht: Enten im Heft platzieren. Der 2CV ist ein so sympathisches Fahrzeug – und seine Besitzer nicht weniger –, dass er immer für eine Geschichte gut ist. Egal ob die ganze Familie vom Entenfieber gepackt ist (explorer 01-2014) oder wir die Rückkehr des Citroëns aus Afrika direkt im Hamburger Hafen abpassten (explorer 06-2020), herausgekommen sind immer lesenswerte Stücke, die zeigen, dass es zum Reisen viel weniger braucht, als wir immer denken.
Eintagsfliegen, die (Plural)
Wie in kaum einem Segment der Campingbranche ist der Allrad-Camper-Markt von Kleinbetrieben, Querköpfen und Enthusiasten durchsetzt, die alle, oftmals ohne jegliches Vorwissen, komplexe Reisefahrzeuge aufbauen. Nur wenige dieser Betriebe überleben, etablieren sich, bleiben bestehen. So viele Unternehmen kommen und gehen zu sehen, sorgt in der Berichterstattung für einen nüchternen, mitunter ernüchternden Blick, gleichzeitig ist dies ein äußerst charmanter, charakterstarker Aspekt der Szene.
F
Frostbeulen, die (Plural)
Als vermutlich einzige Redaktion Deutschlands besitzt der explorer einen Kamin in der Küche. Sitz- und Standheizung sind beim Firmenwagen ein Muss, über Pro und Contra einer Lenkradheizung wird gern philosophiert. Es läuft eigentlich immer irgendeine Tee-Uhr oder es brummt die Kaffeemaschine – und auch wenn draußen das Laub an den Bäumen hängt, ist eine wärmende Decke nie fern. Kurzum: Das ganze Team eint eine ausgeprägte Tendenz zum Frieren. In diesem Zusammenhang besonders beeindruckend: die Opferbereitschaft von Astrid, die in den zurückliegenden Jahren manch winterlich kalten Tag in der Natur oder in Bastlerscheunen verbrachte, um spannende Geschichten in die (warme) Redaktion zu bringen. Martin hingegen ist da weniger robust – er verschwindet deshalb im Winter regelmäßig lieber für einige Wochen zum Reisen in die Wärme.
Fans, die (Plural)
Noch immer ist es für uns aus der Redaktion ungewohnt, von Unbekannten auf der Straße zu Themen des explorer angesprochen zu werden. Wenn sich aber Prominente geehrt fühlen, mit uns ins Gespräch zu kommen, dann ist das gleich doppelt eigenartig. Beides jedoch ist schlussendlich toll.
G
Gruppenarbeit, die
Es hat sich etabliert, dass sich der explorer etwa einmal pro Jahr ein größeres Thema zur Brust nimmt. Mal probieren wir, ein gekipptes Auto wieder aufzurichten, dann lassen wir den Blitz einschlagen oder vergleichen verschiedene Fahrzeugkonzepte miteinander. Den Auftakt für dieses jährliche dicke Brett machte 2017 eine dreitägige Produktion zum Thema Fahrzeugbergung. Mit sechs Fahrzeugen aller Tonnageklassen und neun Personen probierten wir alle gängigen und weniger populären Techniken aus – und beendeten die kalten Apriltage, natürlich, bei Pizza.
Ganghaus, das
Dieses kleine Häuschen, vermutliches Baujahr 1506, ist der Geburtsort des Ganghaus-Verlags, der den explorer herausgibt. Ganghäuser sind ein Lübecker Phänomen: Als einst der Wohnraum innerhalb der Stadtmauern knapp wurde, öffneten die reichen Bürger ihre Hinterhöfe hinter den prunkvollen Häusern zur Bebauung. Um die Flächen zu erschließen und von der Straße in den Hinterhof zu gelangen, wurden durch die Haupthäuser kleine Durchgänge getrieben – gerade so groß, dass man einen Sarg hinaustragen konnte. Insgesamt 90 solcher Gänge, Torwege und Höfe gibt es in Lübeck, in dieser Art einzigartig auf der Welt.
H
Hausbesuch, der
Die besten Geschichten erzählen Menschen. So trivial wie wahr. Und so gehört es seit Tag 1 des explorer fest dazu, dass wir losziehen und spannende Menschen besuchen, ihnen zuhören, ihre Erlebnisse und Erzählungen weitertragen. So saß der explorer schon beim Rekord-Weltreisenden Gunther Holtorf am Esstisch, hat zugehört, wie Philipp aus dem Hanfbachtal sein legendäres „Hier ist der Philipp“ ins Telefon schmettert und haben mit unzähligen Globetrottern, Bastlern und Abenteurern über ihre Projekte gesprochen. Jedes Mal waren wir aufs Neue erstaunt zu sehen, wie vielfältig diese Szene ist.
Zeitung machen kann man nur in einem Kreis von Halbverrückten. – Gerd Bucerius
Hotel, das
Berichtet der explorer auf seinen Seiten vom Reisen im großen Stil, über aufregende Touren in der ganzen Welt, erleben wir bei der laufenden Produktion eine ganz eigene Reise: die durch Deutschland und seine Anrainerstaaten. Wir landen in Kleinstädten, Dörfern, Gemeinden, die wir zuvor mitunter auf der Karte suchen müssen, schlafen in Gasthöfen, Ferienwohnungen, drittklassigen Hotels. Was Provinz bedeuten kann, wird spätestens dann deutlich, wenn auf dem Nachttisch noch ein Wählscheiben-Telefon steht, der Fernseher an der Wand eine Bildröhre hat – oder der Eingang zum „Fremdenzimmer“ hinter der improvisierten Spielhölle liegt. Die nächtliche Unterkunft – immer wieder ein ganz eigenes explorer-Abenteuer.
I
Improvisation, die
Dass in einer kleinen Redaktion, einem kleinen Verlag, nicht alles in festen, gut geteerten Spuren verläuft, ist wenig überraschend. Und so ist das Talent zum Improvisieren eine wichtige Eigenschaft, die jedes Teammitglied besitzen muss – oder sich aneignen sollte. So ist es nicht ungewöhnlich, dass zu einem vereinbarten Fototermin nicht mehr das zu sehen ist, was geplant war, dass Themen kurzfristig an Bedeutung gewinnen, eine Ausgabe kurz vor Abgabe noch einmal in Teilen umgebaut werden muss – oder bei einem Videodreh die Tonspur abhanden gekommen ist. Eine leerer Kastenwagen wird mit etwas Schaumstoff und einer Kühlbox zum veritablen Reisemobil, ein kompletter Messestand passt notfalls in einen Kompaktwagen und ein Aufmacherfoto kann auch mal auf dem Nachbargrundstück entstehen.
J
Jäten, das
Furten sind heimtückisch. Gerne zupft sich das Wasser das ein oder andere Bauteil vom Auto ab, als Quittung dafür, mit zu viel Schwung hindurchgefahren zu sein. So auch beim Test der Füss Lightline im Jahr 2023. Beim Einfahren ist das Nummernschild noch dran, bei der Ausfahrt nicht mehr. Und in der weiten, tiefen, braunen Pfütze ist es unmöglich auszumachen, wo es liegen könnte. Für Inhaber Frank Oechsner damals kein Grund, die Flinte vorschnell ins Korn zu werfen. Als Tüftler, wie er einer ist, wurden ein Transporter organisiert und ein, zwei Harken – und die Schatzsuche konnte trockenen Fußes beginnen. Das Glück ist mit den Tüchtigen, so hielt Oechnser eine halbe Stunde später das Kennzeichen wieder in der Hand.
Die Presse hat auch die Aufgabe, das Gras zu mähen, das über etwas zu wachsen droht. – Alfred Polgar
K
Kiesgrube, die
Was wäre der explorer, gäbe es in Deutschland nicht so viele Steinbrüche, Tagebau und Kieswerke. Ohne sie wäre es nahezu unmöglich, Allrad-Campern näher auf den Zahn zu fühlen, sie für Foto und Video ins rechte Licht zu rücken. Landauf, landab werden Gruben, Brüche und Steinberge zur Kulisse – mal in trockenem Staub, dann wieder in klebrigem Lehm. So lernen wir en passant, wie viel Tonnen Kalk jeder Bundesbürger unwissentlich pro Jahr verbraucht, wie die Renaturierung eines Tagebaus funktioniert und welches Steinmehl besonders hartnäckig vom Testwagen abzuwaschen ist.
Kameramänner, die
Sie heißen Mathias, Sönke und Thomas und sorgen dafür, dass zu den Geschichten und Berichten des explorer auch die passenden Bilder und Videos entstehen. Eine Aufgabe mit viel Verantwortung, denn während ein Interview, eine Recherche notfalls am Telefon fortgeführt werden kann, muss der Fotograf das Beste aus der Situation machen. Egal ob es regnet, stürmt oder schneit, bei Dunkelheit oder Mittagssonne. Entsprechend viel Zeit ist für ihre Arbeit nötig, rund der halbe Tag ist meist für die Bilderproduktion nötig.
L
Lagerfeuer, das
Eine Redaktionssitzung in ruhigem Ambiente außerhalb des Büros, jedes Mal aufs Neue schön, und doch findet sich zu selten die nötige Zeit dafür. Nur einmal im Jahr, zum Ostsee- Camp, ist sie gesetzt. Da sind dann ohnehin alle beieinander, es ist sommerlich warm und das Feuer der entspannende Abschluss eines turbulenten Wochenendes. Und wer weiß, vielleicht findet sich an neuer Wirkungsstätte, mit jetzt eigenem Garten, fortan häufiger die Gelegenheit dazu.
Liebe zum Detail, die
Manchmal gibt es Ideen, die würden in großen Verlagen in dieser Form unter die Räder des Controlling geraten. Wenn sich vier, fünf, sechs Personen in Gesprächen über eine Schriftart, eine Schlagzeile, eine Aussage vertiefen – oder wenn passend zum Artikel die Schmuckschrift per Hand aus Hobelspänen gezaubert wird. Es sind Momente, die nicht wirtschaftlich sind. Aber die dem explorer eine Spur mehr Persönlichkeit verleihen.
M
Messebau, der
Die bunten Kulissen großer Events sind wohl der Inbegriff kurzlebiger Konstruktionen. Nicht so beim explorer. Egal ob der Einbau eines Fensters oder der Tausch eines Fahrwerkes, immer wird gebastelt. Meisterstück war in dieser Hinsicht wohl die Hubdachkabine Ursa minor. In vier Tagen entstand auf der Abenteuer & Allrad 2016 eine reisefertige Hubdachkabine, mit der es direkt im Anschluss auf Probefahrt nach Schweden ging. Weit mehr als eine Kulisse, die Kabine ist noch heute im Reiseeinsatz.
N
Neugier, die
Ohren und Augen offen halten – das ist wohl das wichtigste Talent, das ein Journalist mitbringen muss. „Du, da drüben parkt ein Paar, das mit seinem Geländewagen aus Teheran nach Deutschland gereist ist.“ Für Autorin (und explorer-Schlussredakteurin) Carola Felchner Grund genug, den weit gereisten Globetrottern einmal Guten Tag zu sagen und sie für den explorer zu porträtieren. Wie ist es wohl, Deutschland als exotisches Reiseland wahrzunehmen, so wie es unsereins umgekehrt im Iran ginge?
Nähkurs, der
Für die Rubrik Reisemedizin hieß es für Redakteurin Astrid Wulf häufig, sich mit unangenehmen, ja durchaus auch unappetitlichen, Themen zu beschäftigen. Aber selbst als zum Recherche- und Übungstermin Unfallchirurg Sebastian Hilbricht mitsamt einem frischen Schweinefuß in die Redaktion kam, war allenfalls ein kurzes Zögern zu spüren. Nur um dann live am Objekt zu lernen, wie sich Wunden vernähen lassen – und im passenden Artikel praxisnah darüber berichten zu können.
O
Ostsee-Camp, das
Es dauert kaum ein Stündchen auf dem Rad, und schon hat man die Redaktion gegen den Ostseestrand getauscht. In der Redaktion wird gepaddelt, gekitet, gesurft und gesegelt. Da ist es doch ganz klar, dass wir unser DIY-Bastel-Reisecamp an der Ostsee veranstalten. 2024 findet es nun schon zum siebten Mal statt und hat in diesem Jahr Kapazitäten für 200 Teilnehmer. Nie hätten wir nach zwei zaghaften, arg improvisierten Anfangsjahren erwartet, jemals Gastgeber einer so großen Veranstaltung zu werden. Aber nicht nur der Austausch mit unseren Gästen aus ganz Europa macht jedes Jahr aufs Neue Spaß, auch die Zusammenarbeit mit dem SUP- und Wingfoil-Festival, das in jedem Jahr den organisatorischen Rahmen bildet, ist immer eine große Freude.
Opferbereitschaft, die
Übernachten in unbeheizten Holzhütten, festfahren im Schlamm, ausharren in Regen oder Schnee, Transitfahrten durch die Republik, die eine oder andere unbequeme Nacht auf dem Fahrersitz, auf irgendeinem Autobahnparkplatz – manchmal wünscht man den Beruf zum Teufel. Und dann trudelt eine liebe Leser-E-Mail ein, gibt es ein nettes Gespräch. Und schon ist die Welt wieder in Ordnung.
P
Pizza, die
Wer satt ist, ist fleißig. Mal eben zur Mittagspause in ein Restaurant abzubiegen oder zumindest an einem Imbiss Station zu machen, ist bei der explorer-Feldarbeit aber meist leichter gesagt als getan. Da wir uns häufig in Kiesgruben oder Steinbrüchen herumtreiben oder irgendwo in Wald und Flur unterwegs sind, kommt die Nahrungsversorgung regelmäßig eher zu kurz. Nun könnte man denken, in einem Camper sollte doch alles zur Verfügung stehen, um sich eine Portion Pasta zuzubereiten. Doch die Hersteller würden sich bedanken, und spätestens bei einer Anreise mit Bus und Bahn wird es mit einer Kiste Kochgeschirr arg unhandlich. Also ist die Freude groß, wenn in Reichweite des Outdoor-Arbeitsplatzes ein Lieferservice Dienst tut – und sie ist doppelt groß, wenn dieser die angegebene Position irgendwo im Nirgendwo auch findet. Was es dann gibt? Für den Fotografen Meeresfrüchte, für den Redakteur viel Käse.
Papierkram, der
Ein Verlag, betrieben aus dem Wohnzimmer. Welche Arbeit dies machte, verdeutlichte jeden Monat die Aufforderung des Steuerberaters, die Belege und Quittungen einzureichen. Gerade nach Touren im außereuropäischen Ausland ein Quell der Freude. Bis 2018 kam der Betrieb ohne Sekretariat aus, heute wird dieser Bereich von zwei Festangestellten betreut.
Q
Quetschgefahr, die
Es gibt Ablageplätze, die sind nicht als solche geeignet. Dazu gehört die Oberseite eines Reifens. Dennoch brauchte es zwei Anläufe, um das zu verstehen. Während die Actioncam das Anfahren und anschließende Überrolltwerden nicht übersteht (und sich ihre eingelegte Speicherkarte später im Lesegerät entzündet), hat der Tablet-Computer das gleiche Manöver tatsächlich überstanden. Aber es blieben nicht die einzigen Pannen dieser Art. Vor allem an der Fahrzeug-Außenhaut fixierte Kameras neigen immer wieder dazu, sich während der Fahrt zu lösen und unter die Räder zu geraten.
Leisten wir uns den Luxus, eine eigene Meinung zu haben. – Otto von Bismarck
Querelen, die (Plural)
Ein Auto wegen eines Benutzerfehlers kaputt zu fahren, ist das eine. Wenn die verfügbare Technik von sich aus nicht tut, was sie soll, ist das etwas anderes. Da platzt mal die Viscokupplung oder reißt gleich die komplette Schweißnaht eines Achsträgers, klemmt der Allradantrieb oder die Wohnmobil-Technik. Das zeigt, wo die Grenzen des Produktes sind – oder die Kompetenz des Herstellers endet. Angenehm ist das nicht immer, und überraschenderweise ziehen die Produzenten daraus selten die nötige Konsequenz.
R
Relaunch, der
Regelmäßig ist es nötig, das Heft sauber durchzukämmen und neu zu frisieren, damit es auf Höhe der Zeit bleibt. Kleine Änderungen geschehen dabei im laufenden Betrieb, bestenfalls unbemerkt. Manchmal aber sind größere Anpassungen nötig. So wächst 2016 das Blattformat – und auch mit einem neuen Markenlogo wird immer wieder experimentiert. Dass dies nötig ist – der 2013 nachts in einem Hotelzimmer erbastelte originale Entwurf funktioniert als Logo nur eingeschränkt –, ist bereits früh klar. Und doch dauert es bis zur Ausgabe 03-2021, bis wir uns den großen Sprung in eine neue Gestaltung trauen. Für diese zeichnet Dagmar Hofgärnter verantwortlich, die als Grafikerin nahezu von Beginn an fester Teil des Teams ist.
Redaktionssitzung, die
Austausch im Team ist das A und O – was aber tun, wenn drei Teammitglieder fern in den Bergen leben? Dann wird kurzerhand eine Betriebssportgruppe gegründet, es geht tagsüber in den Schnee und am Abend wird über Blatt, Szene und das Reisen an sich diskutiert und philosophiert, bis der Kachelofen kalt wird. Das ist auch eine gute Gelegenheit, um gegenseitig alpenländische und norddeutsche Kultur zu erforschen. Eine Gaudi!
S
Stromschlag, der
Es gibt Artikel, die sind mit einem Tag Recherche vom Schreibtisch aus abgearbeitet. Und es gibt Themen, auf deren Umsetzbarkeit monate- oder gar jahrelang herumgedacht wird. Wie etwa die Suche nach der Antwort auf die Frage: „Wie sicher bin ich in meinem Camper vor Blitzen?“ Nach einem Jahr Planungsphase wurde extra hierfür ein geeignetes Fahrzeug gekauft, um in einem Speziallabor beispielhaft so lange beblitzt zu werden, bis alle denkbaren Szenarien durchgespielt waren. Ein teures Experiment, denn der VW-Bus war anschließend nicht mehr fahrfähig.
Sorgfalt, die
Dem Leser immer einen Schritt voraus sein – leichter gesagt als getan in einer Szene, die vielerorts vor Fachwissen und Erfahrungen nur so strotzt. Das einzige Mittel: ständig selber lernen, zuhören, fragen, ausprobieren. Und wissen, welcher Profi etwas Spannendes zur Recherche beisteuern kann. Hier ist der Redaktionssitz in Lübeck ein echter Standortnachteil, spielt die automobile Musik Deutschlands doch vorrangig im Süden der Republik. Also heißt es immer wieder mal: Recherche-Reise!
T
Typen, die
Nur wenige Subkulturen sind so von Individualismus geprägt wie die Fahrzeugreiseszene. Das wird überdeutlich, wenn wir zum Schreiben von Portraits und Interviews ausschwärmen oder ein Globetrotter-Treffen besuchen. Da gibt es Menschen, die reisen mit dem Budget zwei Jahre um die Welt, das beim Nächsten allenfalls für die erste Anzahlung des dafür erhofften Autos genügt. Es treffen Afrika-Fans auf Panamericana-Enthusiasten, Lkw-ler auf Jeep-Piloten, Draußensitzer auf Stubenhocker, Kulturbanausen auf Museums-Pilger. Eine herrliche Melange – und der explorer mittendrin!
Tausend, die
Eine der größten Herausforderungen kleiner, junger Verlage ist die Logistik. Papier wiegt schwer und so hatte der Firmenkombi in den Anfangstagen ständig viel zu schleppen. So fiel der Entschluss: Ab dem 1.000. Abonnenten muss ein Versanddienstleister übernehmen – sind das doch mehr als 600 Kilogramm Gewicht. Für den treuen Seat kam die Entscheidung zu spät, zweimal mussten in dieser Zeit gebrochene Hinterachsfedern ersetzt werden.
U
Ungeschicktheit, die
Als Autobastel-Journalisten gehört es beim explorer dazu, die Redaktionsfahrzeuge immer weiter zu modifizieren. Was eine Schmach aber, wenn der Wagen nach der Umrüstung so gar keine Fahrfreude mehr vermitteln mag. Wie kann es sein, dass nur durch die Montage einer hochgelegten Luftansaugung jegliche Motorleistung schwindet? Da muss der Hersteller aber gehörig etwas falsch gemacht haben! Hat er nicht. Der Redakteur hätte bei der Montage nur die eine schützende Plastiktüte wieder abnehmen sollen.
Unentschieden, das
Es soll doch tatsächlich einen Vergleichstest zweier Bullis gegeben haben, bei dem eines der zwei Autos nur durch dickere Bereifung so tat, als verfüge es über Allradantrieb. Fiel weder bei der Testfahrt im Offroad-Park auf noch anschließend im veröffentlichten Video und Artikel – da begegneten sich zwei Autos auf Augenhöhe. Und wir werden auch jetzt nicht verraten, welcher der zwei der Fronttriebler war.
V
Volvo, der
Markenbindung ist etwas, das sich jedes Unternehmen wünscht. Volvo hat es geschafft, sich auf ganz banale Weise eine besondere Bedeutung in der Redaktion zu erarbeiten. Einmal natürlich in Form unseres Cnut, der knuffige Dreiachser von 1979. Ein anderer Volvo stand tief eingeschneit und eingefroren (-20 Grad) auf einem Hinterhof in Kiruna und sollte uns nach dem Motorschaden am Redaktions-Steyr an Silvester spontan heim nach Deutschland fahren. Freigeschaufelt, Tür aufgetaut, Schlüssel gedreht, heimgerollt. Seither wird Volvo gefahren, 200.000 km ohne nennenswerte Panne.
Verschränkung, die
Weitreichender Federweg und bei Lkw ein weicher Leiterrahmen sind für ein Geländefahrzeug das A und O. Und so sollte es doch selbstverständlich sein, dass sich Fahrzeugaufbauten dem nicht in den Weg stellen. Nach zehn Jahren Testarbeit ist klar: falsch gedacht. Einen Testwagen bei der Erprobung maximal zu verschränken gehört zum Prüfablauf – und der beweist regelmäßig mit scheuernden Radhäusern oder abgerissenen Faltenbälgen, dass die Aufbauhersteller nicht zu Ende denken. Dabei wäre es so einfach, das vorab zu kontrollieren.
W
Wasserschutzpolizei, die
In zehn Jahren Arbeit waren die Begegnungen mit der Polizei nicht der Rede wert – in Anbetracht der Menge an auffälligen Fahrzeugen, die bewegt wurden, nicht selbstverständlich. Und wenn einen mal ein Polizist zum Halten zwang (so geschehen in Argentinien 2022), dann nur, um zu erzählen, dass man dem explorer auf Youtube folge. Was wohl nur Allrad-Campern passieren kann: Von der Wasserschutzpolizei darum gebeten werden, doch woanders zu parken. Zum Fototermin bei Köln stand der Bremach zu nah am Ufer, sodass das Boot der Rheinpatrouille eigens das Beiboot zu Wasser ließ, ans Ufer fuhr und freundlich zum Umparken aufforderte.
Wetter, das
Wie lässt man einen Wagen schön aussehen, wenn es in Strömen regnet? Und welche Alternativen bieten sich für ein Aufmacherfoto für die Sommerausgabe, wenn vor der Tür Schnee liegt? Grauer Himmel, Kälte und Niederschlag haben schon so manchen Produktionstag durcheinandergebracht und wir haben mittlerweile gelernt: Im Schwarzwald und in Spanien kann auch noch zu Ostern viel zu viel unerwarteter Schnee liegen.
X
Satz mit X, der
Auf der Suche nach einem neuen Redaktionsfahrzeug (einzige Vorgabe ein im Original vorhandener auns in einen Mercedes 1113B mit formschönem Ziegler-Aufbau. Also nach Saarbrücken gereist, um das ehemalige TLF8 in Augenschein zu nehmen. Und wie es so oft ist, versprachen die Bilder im Inserat mehr, als das Auto im wahren Leben halten konnte. Viel Rost und ein unklarer Wartungszustand trübten den ersten Eindruck schnell. Als der Kurzhauber bei der Probefahrt dann schon wenige Kilometer später liegen blieb, war klar: Die Suche ist hier noch nicht zu Ende. Vielleicht auch gar keine schlechte Fügung, denn nur so waren wir noch auf der Suche, als Volvo Cnut wenige Tage später zum Kauf angeboten wurde. Und bei der Probefahrt mit tollem Zustand überzeugte.
Man muss dieTatsachen kennen, bevor man sie verdrehen kann. – Mark Twain
Y
Youtube, das
Mit gut 120.000 Kanal-Abonnenten erreicht der explorer mit seinen Videos eine große Zielgruppe, viel größer als die der Heftleser. Wenngleich eine brotlose Kunst, investieren wir doch viel Zeit in die Filmbeiträge, was gerade bei deutschem Wetter nicht immer leicht ist. Spannend ist in diesem Kontext eine Sache: Videos zu Reisezielen, also Beiträge, die den Kern unseres Hobbys aufgreifen, erfreuen sich weit geringeren Interesses als der kürzeste, improvisierteste Fahrbericht. Schade!
Yuppie, der
Es dürfte niemanden überraschen, dass sich niemand in diesem Verlag auch nur annähernd eines der Fahrzeuge leisten kann, über die wir regelmäßig berichten. Umso dekadenter fühlte es sich an, im Rahmen eines Fahrzeugtests an einem Februarabend an der Nordsee den von Außenscheinwerfern beleuchteten elektrischen Grill anzuwerfen, Grillgut aus dem Tiefkühler zu holen und sich ans Lagerfeuer zu setzen, während im Innenraum die Fußbodenheizung den Wohnraum mollig aufwärmte.
Z
Zweirad, das
Viele würden wohl falsch liegen, müssten sie das favorisierte Verkehrsmittel der Redaktion benennen. Der Radweg ins Büro führt landschaftlich reizvoll an der Wakenitz entlang, sodass sich gerade im Sommer der Fahrradständer vor der Redaktion gut füllt. Redakteurin Astrid steigt sogar nicht nur für ihren Arbeitsweg (23 Kilometer) aufs Rad, sondern auch, um Länder zu erkunden. Sommertouren durch das Baltikum und über die Alpen – das waren nur die Vorübungen für eine einjährige Radreise, die sie mit ihrem Mann Christian im Jahr 2022 bis in den Oman und zurück führte.
Zelt, das
Komfort richtig schätzen lernen. Das geht gut, wenn Welten aufeinanderprallen. Hier das Queensize-Doppelbett, sanft von der kühlenden Luft der Stand-Klimaanlage bestrichen, dort das Wurfzelt für den mitreisenden Reporter mit einer Deckenhöhe kaum höher als die Bereifung des mobilen Windschattens dahinter. Die Vielfalt der Szene, sie wird eben nicht nur bei den Typen deutlich, sondern auch bei den Fahrzeugen, die sie sich zum Reisen aussuchen.