*Dieser Artikel erschien in Ausgabe 03-2018.
Die eine, große Liebe
Jeder Mensch hat Liebesbeziehungen in seinem Leben. Bei dem einen enden sie nach einer kurzen Liaison, bei dem anderen halten sie ein Leben lang. Meine Liebe gilt der Panamericana. Sie wächst von Jahr zu Jahr, und ich kann mir mein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen. Auch wenn ich zwischen- drin einmal nach Asien oder Afrika reise, bleibe ich doch der Panam treu, kehre immer wieder zurück.
Mittlerweile läuft unsere Romanze seit 14 Jahren. Über sechs Jahre habe ich auf dieser Strecke verbracht, bin quasi auf ihr zu Hause. Ein richtiges Zuhause im klassischen Sinne kenne ich längst nicht mehr, ein Haus auf Rädern genügt mir vollkommen!
Aber was genau macht die Faszination aus? Diese Frage ist nicht in einem Satz zu beantworten. Es ist das Zusammenspiel von unzähligen Momenten und Eindrücken, der teilweise abrupte Wechsel von einem Extrem ins andere. Für Tausende Kilometer nichts als Pampa oder Wüste zu sehen, mag für die einen langweilig erscheinen, auf mich wirkt es inspirierend. Das Lenkrad im Griff, den Horizont immer im Blick kann ich wunderbar meinen Gedanken nachhängen. Man muss sie er-fahren, diese Weite, um sie begreifen zu können! Wenn ich dann abends am Meer stehe und beim Einschlafen nichts als das Rauschen der Wellen höre, gibt es in dem Moment keinen Ort, an dem ich lieber wäre. Und die Anden, dieses längste Gebirge der Welt, das sich am Cerro Aconcagua auf stolze 6.962 Meter auftürmt, man muss sie mit eigenen Augen gesehen haben! Wenn sich die Straße in unzähligen Serpentinen hinaufschraubt, ganz hoch hinaus, wo das Farbenspiel intensiver und die Luft immer dünner wird. Die Bergkulisse ist nicht selten so gewaltig, dass ich für einen Moment nicht sicher bin, ob ich halluziniere oder das wirklich erlebe. Oder die Fahrten durch den dampfenden Regenwald mit seiner üppigen Pflanzen- und exotischen Tierwelt. Wo wird man schon mal morgens vom Geschrei der Brüllaffen geweckt? Der kalbende Gletscher, der rauchende Vulkan, der springende Wal, der im Morgenrot leuchtende Fitz Roy, der Sonnenuntergang auf einem Mayatempel. Augenblicke, die sich auf ewig im Gedächtnis festbrennen. Für kein Geld der Welt würde ich diese Erfahrungen eintauschen. Viele Strecken bin ich bereits 14 Mal gefahren, und ich schaffe es immer noch, mit mehr Fotos zurückzukehren als von der Reise zuvor. Auch wenn die Panamericana längst kein Geheimtipp mehr ist, so habe ich vor Ort nach wie vor das Gefühl, etwas Besonderes zu erleben. Die Traumstraße der Welt selbst zu unter die Räder zu nehmen, das schlägt einfach alles.
Die Reise entlang der Panamericana hält eine einzigartige Vielfalt an Eindrücken bereit, egal ob Natur oder Kultur, die keine andere Route in dieser Form bieten kann
Auch für alle, die gerne offroad fahren, ist Südamerika der Riesensandkasten schlechthin, Camping-Verbotsschilder sucht man vergeblich. Und nicht zuletzt machen auch die Bewohner Lateinamerikas die Panamericana zu einem positiven Erlebnis. Sie begegnen mir offen, neugierig, gastfreundlich und hilfsbereit. Selbst wenn sie oft nie die Mittel haben werden, selber diese Reise zu unternehmen, freuen sie sich, dass wir ihr Land entdecken. Selbst dem Kerl, der in mein Wohnmobil einbrach, kann ich nicht richtig böse sein. Vielleicht war es ein armer Schlucker, der mit dem Wert der gestohlenen Kamera seine Familie ernähren konnte.
Wie in jeder Romanze gibt es nicht immer nur eitel Sonnenschein. Tiefen gehören dazu, aber unterm Strich überwiegen die positiven Erlebnisse um ein Vielfaches. Ich empfinde es als großes Glück, auf dieser Traumstraße unterwegs sein zu dürfen. Keine andere Straße führt einem die Vielfalt unseres Planeten eindrucksvoller vor Augen. Auf der Panam durchquert man sämtliche Klima- und Vegetationszonen. Man wird gewahr, wie einmalig und kontrastreich unsere Erde ist. Und mein Glück ist, dass ich diese Erfahrungen immer wieder mit anderen Menschen teilen kann. Sagt man nicht, Glück sei das Einzige, was sich verdopple, wenn man es teilt?
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