Alternativen zu ausgetretenen Pfaden in Peru

Ein Besuch des Machu Picchu gehört für die meisten Peru-Reisenden einfach dazu. Dabei gibt es noch andere sehenswerte Alternativen, denn mittlerweile ist die Inka-Stätte sehr überlaufen

Eine sehenswerte Alternative zum Machu Picchu ist Kuelap, eine ehemalige Festung der Chachapoya. Sie liegt auf etwa 2.900 Metern über dem Meeresspiegel

Bestimmte Attraktionen gehören zu einer Südamerikareise wie der Reifen auf die Felge. Egal ob Overlander, Backpacker oder Pauschaltourist, Machu Picchu zählt zum Pflichtprogramm eines jeden Peru-­Besuchers. Die Inka-Zitadelle ist beeindruckend, keine Frage. Und genau darin liegt das Problem, denn die Stätte leidet unter dem enormen Andrang. Um die alten Mauern einigermaßen zu schützen, hat man nun begonnen, den Besucherstrom einzuschränken. Nicht nur die zugelassene Anzahl an Touristen wird limitiert, auch die maximale Verweildauer ist seit Mai in Teilen auf vier Stunden beschränkt. Konnte man früher noch spontan den Wayna Picchu besteigen – dieser markante Berg, den man zusammen mit der Stadt auf den klassischen Bildern sieht –, so muss man ­dafür mittler­weile ein eigenes Ticket ­lösen, und das oft mehrere Wochen oder ­Monate im Voraus. Im Mai 2019 hat man zeitweise bestimmte Bereiche der Anlage gesperrt, beziehungsweise leitete den Besucherstrom in geregelten Bahnen.

Momentan landen die Besucher in Cusco und nehmen von dort entweder die Eisenbahn nach Aguas Calientes und dann von dort den Bus nach Machu ­Picchu oder man wandert den berühmten Inka-Trail, der aber eher einem Alm­abtrieb ähnelt als einer spannenden Trekking-Tour. Offroader kommen über eine Schleife entlang des ­Uru­bamba ein Stück näher an die Welterbestätte heran.

In Chinchero ist ein Flughafen im Bau, sodass die Urlauber noch schneller an ihr Ziel kommen. Für den Erhalt und Schutz der Stätte wohl eher kontraproduktiv. Wehmütig erinnere ich mich noch an die Zeit, als wir zum Sonnenaufgang mit nur einigen wenigen Frühaufstehern auf einer Mauer saßen und beobachteten, wie die aufsteigenden Nebelschwaden allmählich den Blick auf diesen mystischen Ort frei­gaben. Damals fühlten wir uns ein wenig wie der Entdecker Hiram Bingham. ­Heute trampeln bereits morgens um sechs Uhr tausende Menschen den Ort tot, um für Instagram und Co. das ­perfekte Selfie zu schießen. Wo soll das noch hinführen? Muss man bei diesem ganzen Trubel mitmachen oder gibt es weniger überlaufene Optionen?


Aternative zum Machu Picchu

Die gibt es in der Tat! War Kuelap noch vor einigen Jahren den wenigsten ein Begriff, entwickelt sich die Stätte der Chachapoya-Kultur immer mehr vom Insider-Tipp zum festen Programmpunkt. Seit März 2017 muss man auch nicht mehr mehrere Stunden wandern, sondern kann bequem mit einer Seilbahn die Festung erreichen. Sie überquert in etwa 20 Minuten den über 200 Meter tiefen Canyon und ist wahrlich eine Attraktion für sich. Kuelap liegt etwa 300 Kilometer nordöstlich von Cajamarca. Von hier schlängelt sich die Straße auf einer sehr abenteuerlichen Strecke über Celendín, Leymebamba bis nach Nuevo Tingo. Unterwegs schraubt sich die nur fünf Zentimeter dünne, aufgespritzte Asphaltdecke, die an vielen Stellen einem Flickenteppich gleicht, mehrmals auf über 3.600 Meter, um sogleich wieder in ein Tal auf etwa 2.000 Meter zu fallen. Man passiert den ­Canyon des Marajon-Flusses. Oft ist die Straße so eng, dass man die Pobacken zusammenkneift und betet, es möge kein Fahrzeug entgegenkommen. Die Felswand bildet oft bedrohlich wirkende Überhänge. Nicht nur Kuelap selbst, allein schon die Fahrt dorthin ist ein echtes Erlebnis und zählt sicherlich zu den spektakulärsten Routen, die man in Südamerika fahren kann. Man sollte mindestens neun Stunden dafür einplanen. Weder die Anfahrt noch die Kabinenbahn ist etwas für Menschen mit Höhenangst oder schwachen Nerven.

Es lohnt sich, abseits auf Entdeckungstour zu gehen,  es gibt tolle Alternativen

Kuelap soll übrigens bereits zwischen 500 und 800 nach Christus erbaut worden sein und ist damit zwischen 600 und 900 Jahre älter als Machu Picchu. Beeindruckend ist auch die enorme Steinmasse, die bewegt wurde, um die Mauer zu errichten, die Kuelap umgibt. Man spricht von einem Volumen von über 708.000 Kubikmetern, damit könnte man dreimal die Cheops-Pyramide in Ägypten füllen oder fast die komplette Chinesische Mauer bauen! Trotz dieser Superlative fällt der Eintrittspreis erfreulich bescheiden aus. Dieser beträgt derzeit 30 Soles, was 8 Euro entspricht, sowie noch einmal 20 Soles (5,50 Euro) für die Seilbahn. Der Eintritt nach ­Machu Picchu hingegen schlägt mit stolzen 62 Euro zu Buche, will man den Wayna Picchu besteigen, kommen noch einmal 13 Euro extra obendrauf. Dazurechnen muss man außerdem das Geld für Bus und Bahn – oder den Inka-Trail, der einem auch nicht geschenkt wird.


Dritthöchster Wasserfall

Wer sich nach Kuelap aufmacht, sollte auch den Gocta-Wasserfall ansehen, der mit stolzen 771 Metern der dritthöchste der Welt ist. Gocta befindet sich etwa 70 Kilometer nördlich von Kuelap. Die anstrengende, insgesamt fünfstündige Wanderung lohnt sich, nicht nur wegen des Wasserfalls selbst, sondern auch wegen der üppigen, unberührten Natur. Gocta wurde erst 2002 von Stefan Ziemendorff entdeckt, einem deutschen Experten für Mumien, der in der Gegend nach Sarko­phagen suchte.

Nur 50 Kilometer südlich von Kuelap entfernt befindet sich Revash, was in der Quechua-Sprache soviel bedeutet wie Mausoleum. Die Gräber muss man sich als Besucher durch einen  zweistündigen Fußmarsch bergauf erst einmal verdienen. Eine schöne Variante wäre auch, die Strecke zu Pferd, begleitet von einem einheimischen Führer, zurückzulegen, da der Weg nicht ganz leicht zu finden ist und in der Regenzeit eine recht schlammige und matschige Angelegenheit sein kann. Doch der Anblick der in die Felswand gebauten Nekropolen entlohnt für die Anstrengung. Die Gräber wurden leider geplündert und dürfen nicht betreten werden. Wer Mumien sehen möchte, für den gibt es in der Gegend keinen besseren Ort als das Mumien-­Museum in der Kleinstadt Leyme­bamba. Hier werden 200 Mumien ausgestellt, die erst 1997 durch Zufall entdeckt wurden und erstaunlich gut erhalten sind. Da beim Bergen der Mumien Österreicher beteiligt waren, findet man im Museum sogar Erklärungen auf Deutsch.

 

Maya statt Inka

Peru ist nur ein Beispiel dafür, dass es sehr wohl noch viele Ecken gibt, die vom Massentourismus bis dato verschont geblieben sind. In Guatemala wäre die Maya-Stätte Yaxha eine sehr interessante Alternative zum berühmten Tikal. Auch in Yaxha sieht man beeindruckende Tempel, einen Ballspielplatz, Reliefs und Stelen und kann zudem tolle Ausblicke auf den dichten Urwald von Petén genießen. Dort ist man fast ganz allein, oder mit nur sehr wenigen anderen Besuchern unterwegs, dafür aber in Begleitung einiger Mücken! Auch hier sind Overlander klar im Vorteil, denn die Stätte liegt 22 Kilometer von der Hauptroute entfernt und auf dieser holprigen Piste verkehren keine öffentlichen Busse.

 

Hotspots besuchen – ja oder nein?

Wie wäre es, alternativ in Belize statt mit dem bekannten Lamanai mit dem Besuch von Xunantunich? Auch was die Natur angeht, finden sich oft spannende Alternativen. Anstatt in Patagonien nach Punta Tombo zu fahren, wo die größte Magellan-Pinguin-Kolonie nistet, könnte man das Cabo Dos Bahías bei Camarones ansteuern, wo es zwar weniger Pinguine, aber dafür auch deutlich weniger Besucher gibt. Letzten Endes muss jeder mit sich selbst ausmachen, ob er die überlaufenen Hotspots meidet und sich auf unbekanntere Ziele beschränkt. Ich persönlich möchte nicht auf die Highlights verzichten, sondern möglichst beide Seiten erleben. Aber es lohnt sich definitiv, auch abseits der ausgetretenen Pfade auf Entdeckungstour zu gehen.

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