Meredes-Benz MB 1831 AK „Xmo“
Baujahr Fahrgestell 1995/Ausbau 2017/2018
Motor 6-Zylinder-Turbodiesel, 9,6 l Hubraum
Verbrauch 25–30 l/100 km
Aufbau GFK-Kabine (5,2 m), Eigenausbau
Schlafplätze 4
Sabine & Peter Nebendahl
Das Leben von Sabine und Peter war schon immer geprägt von der Idee, möglichst viel von der Welt zu sehen. Eigentlich wollten sie in ihrem Ruhestand auf Weltreise gehen und ihr Reisemobil nach Südamerika verschiffen, doch dann kam Corona. Auf der Suche nach einem Ziel in Europa, das nicht so touristisch ist, aber viel bietet, fiel die Wahl auf den Norden Spaniens mit seinen Bergen, Stränden und der Kultur.
Alter 60 & 65 Jahre
Wohnort Altenmarkt an der Alz
Reiseregion Frankreich/Nordspanien
Reisedauer 5 Wochen
Reisestrecke ca. 5.000 km
Es ist acht Uhr morgens und die Sonne ist gerade aufgegangen. Das Licht ist spektakulär und die Sicht gut. Wir stehen mit unserem Xmo am Eingang des Naturparks Bardenas Reales im Norden von Spanien, in der Provinz Navarra, 100 Kilometer südlich von Pamplona. Ein surreales, wüstenartiges Gebiet mit Felsen, die die Erosion zu Formationen zernagt hat, die aus einem Science-Fiction-Film stammen könnten. Wir sind auf Entdeckungstour durch Nordspanien, hatten aber bisher wenig geeignete Plätze gefunden, an denen unser Expeditions-Lkw Xmo sich richtig hätte austoben können. Umso erfreuter waren wir, als wir hörten, dass es im Norden von Spanien eine Halbwüste gibt – immerhin mit 415 Quadratkilometern. Seit 1999 ist Bardenas Reales größtenteils Naturpark, im Jahr 2000 wurde die Halbwüste von der UNESCO zum Biosphärenreservat erklärt. Und man darf sie befahren. Wir freuen uns über die Möglichkeit, unser Reisemobil abseits des Asphalts bewegen zu können.
Mit dem Riesen durch die Mondlandschaft
Xmo ist ein Mercedes-Benz MB 1831 AK, ein ehemaliger Allrad-Kipper der Feuerwehr, den wir so ausgebaut haben, dass er bewohnbar ist. Nachdem die Technik von einem Fachbetrieb geändert wurde, haben wir ein Jahr lang selbst ausgebaut. Herausgekommen ist ein voll geländegängiges Expeditionsmobil mit einer Länge von 7,40 Metern, 14 Tonnen und einer Kabine mit fast 12 Quadratmetern Wohnfläche. Wir haben die Möglichkeit, auf unserem Heckträger ein Motorrad mitzunehmen. Für diese Reise haben wir uns aber entschieden, mit E-Mountainbikes zu reisen – und das war eine sehr gute Entscheidung. Die Reichweite damit ist groß, im Gegensatz zum Motorrad müssen wir aber keine Schutzkleidung und sperrige Motorradhelme mitschleppen. Dank der zwei Solarpaneele mit je 300 Watt ist das Laden der E-Bike-Akkus an unserem Xmo kein Problem. Den Nationalpark wollen wir aber nicht mit den Rädern erkunden, sondern am Steuer unseres Lkw. So stehen wir also morgens auf einem Hügel und schauen in die unendliche Weite der Bardenas Reales. Wir wären gerne früher losgezogen, aber erst ab acht Uhr darf man den Park befahren. Um spätestens 19 Uhr muss man ihn wieder verlassen haben. Also leider keine Übernachtung im Park!
Seit dem Jahr 2000 ist die Bardenas Reales UNESCO-Biosphärenreservat
Es ist menschenleer und wir fühlen uns wie in einer Mondlandschaft. Plötzlich bricht ohrenbetäubender Lärm am Himmel los: Zwei Kampfflugzeuge fliegen Manöver über uns. Eine Stunde später sind sie verschwunden. Vielleicht müssen sie Rücksicht auf die Touristen nehmen? Dass es im Naturpark einen Luftwaffenstützpunkt gibt, finden wir etwas befremdlich, aber sehen angesichts der faszinierenden Landschaft schnell darüber hinweg.
Zu Besuch bei James Bond
Eine 34 Kilometer lange Schotterpiste zieht sich durch das Gelände, vorbei an Felsformationen, bei denen man eher an Utah als an Spanien denkt. Es gibt Canyons, Tafelberge und Schluchten, die durch sintflutartige Regenfälle geformt wurden. Bei der Durchfahrt hat man das Gefühl, dass man die Plätze schon einmal gesehen hat. Was durchaus auch sein kann, denn die Filmindustrie hat die Bardenas Reales entdeckt und die Wüste war schon oft Kulisse für Filmproduktionen wie Game of Thrones und den James Bond Film Die Welt ist nicht genug.

Park teilt sich in zwei Bereiche auf: die Bardena Blanca und die Bardena Negra. Wir haben die Bardena Blanca befahren, eine Landschaft aus Ton und Gips, fast keine Vegetation und wilde Felsformationen und Schluchten. Die Bardena Negra ist mit ihren Aleppo-Kiefern etwas liebreizender. Überall gibt es Trails zum Wandern, die man aber nicht verlassen darf, denn im Park leben viele geschützte Tiere: 28 Säugetierarten, 24 Greifvogelarten (Fernglas nicht vergessen!), Molche, Schildkröten und Nattern.

Steheplatz unter Höhlenwohnugen
Vor der Befahrung der Bardenas lohnt sich ein Abstecher zum Besucherzentrum in der Nähe des Ortes Arguedas. Man bekommt dort eine Karte und Tipps für den Besuch. In Arguedas gibt es auch einen großen kostenlosen Stellplatz für Overlander. Man steht dort unter einer Steilwand mit Höhlenwohnungen, die noch bis in die 50er-Jahre bewohnt waren. Sie sehen erstaunlich „wohnlich“ aus: Reste von farbigem Putz sind sichtbar und teilweise gibt es sogar noch die Kochgelegenheiten und Öfen.

Waren wir frühmorgens noch recht ungestört unterwegs, wird es gegen späten Vormittag voller. Darunter leidet die Atmosphäre in dieser ungewöhnlichen Landschaft etwas. Aber wir möchten ohnehin weiter – über Pamplona in den Nationalpark Urbasa Andia. Der befindet sich etwa 140 Kilometer nördlich der Bardenas. Wie eine schnelle Internetrecherche ergibt, scheint er das genaue Gegenteil der Halbwüste zu sein: grün und mit viel Wasser. Genau das Richtige, finden wir, und machen uns auf den Weg.
Bunte Häuser und wilde Stiere
Unterwegs in Pamplona einen Stopp einzulegen, lohnt sich. Es gibt direkt in der Innenstadt einen Wohnmobilstellplatz, auf dem wir sogar mit unserem „Dickschiff“ Platz gefunden haben. Die Altstadt ist von dort fußläufig und mit einem Schrägaufzug in 15 Minuten zu erreichen. Zwei Nächte verbrachten wir in der hübschen Stadt, bummelten zwischen den vielen bunten Häusern mit ihren Balkonen hindurch, besuchten die schöne Markthalle und die Stierkampfarena, die mit einem Fassungs- vermögen von fast 20.000 Menschen die viertgrößte weltweit und kurioserweise seit 1921 im Besitz eines Altenheims ist.
Die Stierkampfarena in Pamplona ist die viertgrößte der Welt
Man erfährt dort sehr viel über den Stierkampf und die berühmte Stierhatz, bei der an acht Tagen jeweils sechs bis zu 600 Kilogramm schwere Stiere mit einigen Leitochsen durch die engen Gassen gejagt werden – von einem Pferch bis zur Arena, wo sie dann im Kampf sterben. Hunderte von Menschen laufen mit den Stieren, was nicht ungefährlich ist, Verletzungen sind quasi an der Tagesordnung, auch Todesfälle gab es schon. An diesen Tagen sollte man Pamplona meiden, nicht nur, weil es gefährlich ist, sondern auch, weil es extrem voll ist. Jährlich zieht das Spektakel rund eine Million Besucher in die Stadt.
Vom Stadttrubel in die stille der Natur
Von Pamplona sind es noch rund 70 Kilometer bis in den Nationalpark Urbasa Andia. Es ist Sonntag und wir waren anscheinend nicht die Einzigen, die auf die Idee gekommen sind, den Nationalpark zu besuchen. Auf der engen Straße mit vielen Kurven tummeln sich die Motorräder. Unser Xmo wirkt wie ein gemächlich rollendes Einfamilienhaus zwischen den flinken Maschinen.
Das türkisblaue Wasser verleitet zum Baden. Doch das ist verboten
Wir wollen zur Quelle des Urederra- Flusses mitten im Nationalpark. Im kleinen Dorf Baquedano geht die Wanderung los. Vorher müssen wir allerdings noch parken. Die Straßen werden immer enger und wir fragen uns, ob wir es wohl noch bis zum Parkplatz schaffen. Als wir etwas gestresst dort ankommen, eilt uns sofort eine überaus freundliche Mitarbeiterin des Nationalparks entgegen und macht uns die Ausfahrtschranke auf, was es uns deutlich erleichtert, auf den Parkplatz zu rumpeln. Auch die Online-Reservierung übernimmt sie für uns, denn ohne Anmeldung kommt man nicht in den Park: Die Besucherzahl ist limitiert. Die freundliche Dame gibt uns außerdem noch Informationsmaterial über den Nationalpark und eine Karte mit Wanderwegen und Mountainbike-Touren mit. Die Auszeichnung Freundlichster Mensch in Spanien geht für uns ganz klar an sie.
Wanderung entlang des „schönen Wasser“
Wir wandern los. Die Wanderung ist mit circa zwei Stunden ausgeschrieben. Wir wundern uns, dass wir fast allein unterwegs sind, schließlich war der Parkplatz sehr voll. Doch wir genießen die Einsamkeit. Als wir uns dem Ziel der Wanderung, einer Steilwand, aus der der Fluss entspringt, nähern, verstehen wir, warum selbiger seinen Namen trägt: Urederra heißt im Baskischen so viel wie schönes Wasser. Und es ist tatsächlich wunderbar türkis. Leider darf man aus Umweltschutzgründen darin nicht baden. Ich wäre am liebsten schon am ersten Becken ins Wasser gesprungen.

Mit dem E-Bike zur Geier-Schau
Zurück auf dem Parkplatz, fragen wir die freundliche Dame, wo wir am besten übernachten könnten. Sie erklärt uns, dass wir uns über Nacht auf einen der Parkplätze entlang der Straße stellen dürfen – so einfach kann die Stellplatzsuche sein.

Am nächsten Tag kommen unsere E-Mountainbikes dann doch noch zum Einsatz. Es geht hinauf an den oberen Rand der Steilwand, zum Mirador de Ubaba. Eine wunderschöne Mountainbike-Tour durch Heidelandschaft, begleitet werden wir von frei laufenden Pferden.
Im Gegensatz zur gestrigen Wanderung haben wir heute daran gedacht, ein Fernglas mitzunehmen. So können wir am Mirador, dem Aussichtspunkt, dank achtfacher Vergrößerung die Geier, die über uns kreisen, gut beobachten. Manchmal sehen wir sieben gleichzeitig am Himmel. Spanien gilt als Geier-Hochburg, alle vier europäischen Geierarten sind hier heimisch. Und auch, wenn Nordspanien für ein Fahrzeug wie unseres nicht die erste Wahl zum Reisen ist, müssen wir doch in puncto (Wander-)Landschaft sagen: „Die Geier haben einen ziemlich guten Geschmack.“
