Dorothee Schumacher & Wolfang Grob
Alter: 60 & 60 Jahre
Wohnort: bei Dortmund
Reiseländer: Europa, Nord- und Südafrika
Reisedauer: 3 Wochen
Reisestrecke: zirka 3.500 Kilometer
Dorothee und Wolfgang wohnen in der „grünen Lunge“ des Ruhrgebiets. Mit dem VW-Bulli und den Kindern vagabundierten sie durch Europa, später musste der Bulli einem schon in Jugendtagen erträumten Landrover Platz machen. Von da an lebten sie ihre Neugierde, gaben ihrem Fernweh nach und drangen in unwegsame Regionen vor, um dort unberührte Landschaften und fremde Kulturen kennenzulernen.
Toyota Hilux
Baujahr: 2018
Motor: 2.393 cm3, 150 PS
Verbrauch: 8,5 l/100 km, Diesel
Aufbau: Hardtop & Dachzelt
Schlafplätze: 2
Wir haben unser heutiges Ziel, das Camp im Nxai-Pan-Nationalpark, erreicht. Mit einem Windhoek-Lager möchte ich zum gemütlichen Lagerfeuer- Teil des Tages übergehen, aber die Erinnerung an den Tag lässt mich nicht los. Fast 40 Kilometer wühlte sich der Hilux durch den Sand und ich versuchte, nicht aus den bis zu 30 Zentimeter tiefen Spurrillen zu schlittern. In weiser Voraussicht habe ich vor der als schwierig beschriebenen Sandpiste am Tor des Parks den Luftdruck der Reifen auf 1,2 bar gesenkt. Das Navi gab den Straßenverlauf eindeutig wieder und schickte uns damit letztendlich in die falsche Spur. Später wird klar, dass eine parallel verlaufende, einfach zu befahrende Sandstraße gebaut wurde, doch weder Karte, noch eines der beiden Navis wiesen auf diesen zusätzlichen, neu angelegten Straßenverlauf hin. Wie wir später im Wildhüterbüro erfahren, wird die von uns mühsam bewältigte Piste wegen ihrer über 20 Kilometer langen Tiefsandpassagen nicht mehr befahren und gehört zu den schlechtesten Sandpisten Botswanas. Fährt man sich fest, ist nicht mit fremder Hilfe zu rechnen. Aber der Tourismus öffnet neue Wege und hinterlässt gleichzeitig eine der letzten Hardcore- Tiefsandstrecken Botswanas für unerschrockene Sandwühler.
Vier Schakale lauern in der Nacht. Wir rücken etwas näher ans Feuer
„Wir müssen Feuer machen, schnell!“, holt Dorothee mich aus meinen Gedanken. Die kurze afrikanische Dämmerung hat bereits eingesetzt. Innerhalb der nächsten Minuten wird es schlagartig dunkel werden. Vor mir steht in vier Metern Entfernung ein Schakal und beobachtet sehr aufmerksam unser abendliches Treiben. Im letzten Tageslicht erscheinen zusätzlich die zwei Elefanten, die wir bereits bei der Anreise in großer Entfernung beim Grasen beobachtet haben. 130.000 der grauen Riesen leben hier in Botswana, man begegnet ihnen auch an Stadträndern und den Schnellstraßen. Ich leuchte unsere Umgebung und das uns umgebende Buschwerk mit der Taschenlampe ab. In der Dunkelheit wird das Licht von vier funkelnden Schakalaugenpaaren reflektiert, wir rücken näher an das knisternde Feuer heran und verzichten in dieser Kulisse auf Grillfleisch. Nach kurzer Entscheidung bleibt die Küche heute kalt.
Fünf Tage zuvor sind wir in Windhoek gelandet und haben einen Pickup mit Dachzelt und vollständiger Campingausrüstung übernommen. Über den Kalahari Highway haben wir unser erstes Ziel, eine Farm in Ghanzi, erreicht. Am Abend tauchen wir dort in die mystische, mehrere tausend Jahre alte Kultur der Buschmänner ein. Vor den lodernden Flammen eines Feuers tanzen sich drei Buschmänner, unterstützt durch den Gesang und das rhythmische Klatschen der Frauen, in eine Art Extase. Rasseln, gefertigt aus gesammelten Samenfrüchten, umschließen die Waden der zierlichen Tänzer. Stampfend und singend nehmen sie den vom Gesang der Frauen vorgegebenen Takt bis zur vollständigen Erschöpfung auf. Ein Anblick, der die wahre Natur des Buschmannes lebendig hält.
Nach einer gemeinsamen Wanderung lassen wir die Herzlichkeit der Buschmänner hinter uns. 280 Kilometer liegen nun bis zur Stadt Maun, dem touristischen Zentrum für Unternehmungen im Okavangodelta, vor uns. Maun bildet den Ausgangspunkt zur Fahrt in eines der schönsten und landschaftlich abwechslungsreichsten Schutzreservate Afrikas, dem Moremi- Nationalpark. Mit ausgeprägten Mopane- wäldern, Busch- und Baumsavanne, saisonal überflutetem Grasland und ganzjährig mit Wasser gefüllten Sümpfen sind alle Landschafts- und Lebensräume des Okavangodeltas vertreten. Besonders der trockene Ostteil des Reservats ist durch ein dauerhaft befahrbares Pistennetz erschlossen. Doch schnell können Regenfälle im entfernten Angola trockene Sandflächen fluten und sonst befahrbare Pads in tiefe, matschige Rutschpisten verwandeln. Für das Labyrinth der zahlreichen Abzweigungen ist dann eine gute Navigation unumgänglich.
Nach einer kalten Nacht erblicken wir eine Ansammlung Weißrückengeier am Himmel, die gezielt einen Bereich in der Savanne umkreisen. Ein sicheres Anzeichen für ein geschlagenes Wild, vielleicht die Beute eines Raubtieres. Waren es eventuell sogar Löwen? Schließlich die Gewissheit. Im Schatten eines Strauches döst ein vollgefressenes Löwenrudel, Löwinnen mit Jungen und noch nicht ganz ausgewachsene, halbstarke männliche Löwen. Auf dem Rücken liegend, mit emporgestreckten Pfoten, genießen sie ihren Verdauungsschlaf. In Abständen ertastet die Pranke das Fell des Nachbarn. Zärtliches Kraulen wird mit einem zufriedenen, tiefen Brummen beantwortet. Das Sozialverhalten dieser mächtigen Raubkatzen ist beeindruckend.
Von Moremi geht es weiter zur großen Makgadikgadi-Salzpfanne, von dort über Kasane bis nach Livingston, zu den Victoria Falls und schließlich über den Caprivi zurück nach Namibia – so der Plan. Die Salzpfannen liegen im nordöstlichen Teil der Kalahari. Vor 4.000 Jahren trocknete hier ein 60.000 Quadratkilometer großer See aus, es setzte sich eine meterdicke Salzschicht ab. Bei unserer Fahrt zum Rand der Salzpfanne werden wir mit einem Ereignis konfrontiert, das in vielen aktuellen Reiseführern noch nicht vermerkt ist. Am 17. Januar 2016 hörten die Bewohner der Rinderfarmen in der Gegend um Gweta morgens einen dumpfen Knall. Der mächtige Affenbrotbaum zerbrach, vermutlich aus Altersschwäche, in mehrere Teile und stürzte zu Boden. Nun stehen wir vor den Überresten des über 3.000 Jahren alten „Chapman’s Baobabs“ und sehen in der Rinde Einritzungen und Einschusslöcher von Chapmans Schießübungen während einer der Livingstone-Expeditionen. Der Baobab ist der wohl auffälligste Baum der Trockensavanne und zahlreiche Legenden ranken sich um diesen grotesk geformten Zeitgenossen.
Der überwiegende Teil des Makgadikgadi-Pans-Nationalparks besteht aus einer Sandebene, die mit trockenem Busch- und Grasland bewachsen ist. Durch diese schlängelt sich auch die Zufahrt zu den Chapman’s- und Green’s- Baobabs in Form eines verwirrenden Geflechtes zahlreicher Fahrspuren. Die sich daran anschließende große Salzpfanne erzeugt beim Betrachter den Eindruck von Unendlichkeit. Aufgewirbelter Staub hinterlässt bereits einen salzigen Vorgeschmack auf der Zunge. Unsere Fahrt führt uns zunächst durch ein vorgelagertes Rinderfarmgebiet. Wie ein amerikanischer Cowboy springt ein Rinderzüchter auf sein sattelloses Pferd und galoppiert an uns vorbei. Eine Kolonie wachsamer Erdmännchen beobachtet aufmerksam unsere Fahrt. Die sonst so scheuen Tiere haben sich an den Besuch von Fremden augenscheinlich gewöhnt. Auf dem Eingang zum Hauptbau steht Mutter Erdmann und sucht den Horizont nach Gefahren ab. Während vier Söhne und Töchter fleißig auf der Suche nach Essbarem sind, sichert der Vater einen weiteren Eingang zum Höhlenlabyrinth ab, das sich bis fünf Meter unter die Erdoberfläche hinzieht.
Geier am Himmel: ein sicheres Zeichen für erlegtes Wild. Löwen!
Auf der Salzkruste verliert sich unsere Fahrspur am Horizont in einer flimmernden Luftspiegelung. Doch die krustige Oberfläche täuscht eine feste Fahroberfläche nur vor. Als Folge der in diesem Jahr recht spät, aber dafür lange eingesetzten Regenzeit ist die Salzkruste extrem weich, schnell können Fahrzeuge tief einsinken. Doch nicht nur aus diesem Grund sollte der Offroader die festgefahrenen Pads nicht verlassen: Wir treffen Vasco. Der Guide und Ranger erklärt uns, dass im nicht von Fahrzeugspuren verdichteten Untergrund Eier verschiedener Shrimpsarten und Algen vorhanden sind, die die Pfanne nach Sommerregenfällen in ein leuchtendes Blütenmeer verwandeln. Dann wird das Areal von Flamingokolonien bevölkert, die die roten Algen fressen, die zur Rotfärbung ihres Gefieders beitragen.
420 Kilometer sind es von Gweta bis nach Kasane, dem Ausgangspunkt einer Besichtigung des Chobe-Nationalparks und der Victoria Falls in Simbabwe. Die dorthin führende Teerstraße weist tiefe Schlaglöcher auf, die ganze Autoreifen verschlingen können und eine aufmerksame Fahrweise mit zahlreichen Slalomeinlagen verlangen. Unser Ziel, die Victoria-Fälle, gehören sicherlich zu den bekanntesten und beliebtesten Reisezielen im südlichen Afrika. Neben dem Naturerlebnis dieses „Rauchs, der donnert“ (Mosi-oa-Tunya), wie die Einheimischen die aus 100 Metern Höhe abstürzenden Wassermassen des Sambesi nennen, ziehen zahlreiche angebotene Abenteueraktivitäten einen weiten Touristenstrom an. Nahezu jeder Tourist wünscht sich ein Selfie im Regenponcho vor der Kulisse der tosenden Gischt, andere wagen einen mutigen Bungeesprung hoch über den wilden Stromschnellen des Sambesis.
Als wir am nächsten Tag das Safari-Camp in Richtung Caprivi verlassen, fällt uns der Abschied von diesem turbulenten Touristenhighlight nicht schwer. Zum Abschluss unserer Botswanarundreise wollen wir uns nach zwei Wochen Camping eine Lodge bei Lianshulu im Caprivizipfel gönnen. Die ausgesuchte Bushlodge liegt direkt im Schilfgürtel des Kwando-Rivers, er bildet den natürlichen Grenzverlauf zwischen Namibia und Botswana und stellt einen natürlichen Lebensraum für zahlreiche Tierarten dar. Auf den Sandbänken liegen Krokodile und Flusspferde, von der Terrasse der Lodge aus können wir direkt die Tierwelt auf dem gegenüberliegenden botswanischen Ufer beobachten. Als in Botswana die Sonne am Horizont untergeht, hören wir in unmittelbarer Nähe ein lautes Geprassel im Schilfgürtel und wenig später ein gewaltiges Schnauben und Pusten im mondbeschienenen Wasser. Das von einem Hippobullen veranstaltete Spektakel findet alsbald lautstarke Erwiderung. Trotz der geringen Entfernung können wir die an dem Gebrüll beteiligten Burschen im dichten Schilf nicht orten. Doch es scheint nahezu, als würden die Hippos den leuchtenden Vollmond feierlich und lärmend grüßen, ihr Schnaufen begleitet uns noch bis tief in die Vollmondnacht. Als wir am nächsten Morgen eine Fotosafari auf dem Kwando unternehmen, erleben wir einen unerwarteten, aggressiven Angriff eines Hippobullen auf unser Boot. Nach dem Abtauchen scheint er auf dem Flussgrund Anlauf genommen zu haben, sein Sprung an die Wasseroberfläche verfehlt jedoch das Boot. Wütend und prustend fällt der riesige Körper des Hippos zurück ins Wasser. Der überstandene Schreck macht uns deutlich, warum Flusspferde die gefährlichsten Tiere Afrikas sein sollen. Entlang des Sambesis und des Okavangos erreichen wir die namibische Seite der Kalahari und schon bald Windhoek, wo wir uns noch auf eine Einladung bei Freunden freuen und eine fantastische Rundtour ihr Ende findet.
Die Teerstraße hat Schlaglöcher, die ganze Räder verschlingen