Offroad-Reiseziel Albanien: Das Land der 1000 Gesichter

Albanien genießt bei offroad-affinen Reisenden einen besonderen Ruf. Doch der Balkanstaat hat mehr zu bieten als extreme Pisten und einsame Täler. Vor allem eine rasante Entwicklung. Wir haben uns vor Ort einmal umgeschaut. Update

“Mafia. Mafia“. Der Tankwart deutet konspirativ zur nächsten Zapfsäule. Ein alter Mann ist dort gerade vorgefahren. Mofa, zahnlos, Wassermelone auf dem Gepäckträger. „Mafia. Mafia.“ Beide lachen. Dann gibt es die Quittung für den getankten Diesel, ­einen hochgestreckten Daumen („Deutsch? Gutt!“) und einige Wünsche zur Weiterreise. Die steht nun sicher unter einem guten Stern, denn das Treffen mit dem Mafiaboss ist schon erledigt.

 

Albanien
Impulsive Natur, lebendige Städte, erschreckende Erinnerungen. Albanien kann auf 100 Kilometern Strecke extreme Eindrücke bieten

 

Ganz klar, wer nach Albanien reist, kommt mit Vorurteilen. Erst recht, wer im sozialen Brennpunkt einer deutschen Großstadt aufgewachsen ist. Der gemeine Albaner trägt kurz geschorenes Haar (auch 2018), fährt gern Mercedes (39 auf den ersten zehn Kilometern seit der Grenze) und arbeitet für die Mafia (siehe Tank­stelle). Soweit alles schon am ersten Reisetag bestätigt. Nur eins passt nicht: War man in Hamburg-Billstedt Fahrrad und Geldbörse schon los, wenn man die Türsteher-Jungs nur falsch ansah, ist man hier ständig mit grüßenden, lächelnden, freundlichen Vertretern der Familie konfrontiert. Es hat den Anschein, als wären sie völlig überrascht, dass man extra 2.000 Kilometer fährt, um das Land zu bereisen, aus dem mittlerweile mehr als die Hälfte der einheimischen Bevölkerung ausgereist ist. „Warum kommst du her?“, fragen sie. „Deutschland: Liebherr, Daimler, Bosch. Gutt!“ Ja. Aber Deutschland hat eben auch nur Ostsee, Harz und Mosel. Keine Mittelmeer-Riviera, keine Braunbären und Karettschildkröten, keine menschenleeren ­Canyons. Deswegen sind wir hier. Dass ein Teil der Albanien-Faszination auch darin begründet liegt, dass man sich das Land noch auf schlechten Wegen erarbeiten muss, bleibt als Argumentation lieber unter Verschluss. Wie klänge das auch: Eure mangelnde Infrastruktur ist Element unseres Abenteuers. Das verstehen ja schon Freunde und Familie selten genug.

 

Weiter geht es im Premium-Bereich des explorer

Abonnenten können hier kostenlos auf alle Beiträge unserer Website zugreifen (gilt für Print-, Kombi- oder Digital-Abos) – jetzt einloggen

Sie sind noch kein explorer-Abonnent? Dann haben Sie diese Optionen:

Entweder Sie schließen direkt ein Abo ab, oder Sie kaufen lediglich diesen Artikel und erhalten damit (online!) Zugriff auf diesen.

Teilen