Reisealltag

4wheelnomads
4-wheel-nomads

Im Grenzgebiet zwischen Griechenland und Albanien plagen sich die 4-wheel-nomads mit ganz alltäglichen Problemen. Und erleben manches kleine Abenteuer.

Wir hatten die letzte Nacht an einer uralten Brücke verbracht und erst am kommenden Morgen teilte uns ein Herr mit, dass wir an einer Stelle gestanden hatten die berüchtigt für heftigen Steinschlag aus der Steilwand nebenan war. Wie auch immer!

4wheelnomads

Die Touristeninformation im nächsten Ort kann uns bei unseren Problemen (Wo ist ein Campingplatz? – Und wo ist das Bärengehege, von dem uns andere Griechen berichtet hatten?) nicht helfen. Im Gegenteil, es ist erstmal überhaupt schwierig, die Touristeninformation zu finden. Im Haus mit dieser Aufschrift befindet sich ein Büro zur Erteilung von Hundemarken – was aber auch dauert herauszufinden! Erst nach langem Herumfragen im Behördendschungel findet sich eine Person, die für Touristen zuständig ist – aber offensichtlich nichts davon weiß und auch kein Englisch oder Deutsch spricht! Wir finden trotzdem heraus, dass es hier weder Campingplatz noch Wildgehege gibt. Offenbar hat die griechische Regierung verboten Campingplätze zu errichten, weil die Bärenangriffe überhand genommen hatten. Eine Geschichte? Ein Märchen? Wie auch immer, für uns heißt es „weiterfahren“!

Auf dem Weg zur nächst-größeren Stadt gibt es keine Hinweise für einen Campingplatz und auch in der Stadt ist offenbar nur Platz für Hotelgäste. Also geht es rüber nach Albanien. Wir wissen, dass man in Albanien an jedem Gästehaus, Restaurant oder Hotel fragen kann, ob man im Garten oder auf dem Parkplatz übernachten kann, wenn man dort Abendessen und Frühstück (das Essen entspricht meist dem Preis einer normalen Campingplatz-Übernachtung) einnimmt.

An der Grenze fällt sofort der Unterschied zwischen griechischen und albanischen Grenzern auf: während die Griechen fast teutonisch korrekt aber höflich-zurückhalten sind, erlebt man auf albanischer Seite entspannte Stimmung und freundlich-freches Augenzwinkern. Die Strecke zum Bergdorf, das der Reiseführer empfohlen hatte, ist unerwartet schön. Ich sage noch „das sind ja Straßen besser als in Griechenland“! Bis, ja bis irgendwann genau das kommt was kommen muss: in irgendeinem namenlosen Dorf auf der Strecke wandelt sich Asphalt in Schotter. Immer noch nichts ahnend fahren wir weiter. Bei einem Bauern mit Pferdefuhrwerk fragen wir mit Händen, Füßen und der Landkarte nach dem Weg. Wir entnehmen seinen Gesten und Worten, dass wir immer noch richtig sind und uns irgendwann an einer Weggabelung (!) rechts halten sollen. Wir fahren also weiter, die Geschwindigkeit hat sich inzwischen auf 10 bis 20 km/h verringert und die (auch in der Landkarte als solche markierte) „Straße“ wird zum bisher übelsten Landwirtschaftsweg den wir seit Jahren erlebt haben. Wir finden die Weggabelung ohne dass sich diese durch Beschilderung zu erkennen gibt und Gott sei Dank ackert sich der Land Rover im wahrsten Sinne des Wortes voran.

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Ungefähr 70 Minuten später, wir fahren immer noch auf der Piste, die zwischen Schlamm (es muss wohl vor kurzem geregnet haben), Kies, Geröll und Felsklettern abwechselt, kommen die ersten Häuser des ersehnten Dorfes in ca. 3 Kilometer Entfernung in Sicht. Frohlockend atmen wir auf – nichtsahnend, dass der Anstieg zum Dorf nochmal alles vorherige toppt. Offensichtlich sind wir inzwischen auf einem (schlechten) Wanderweg gelandet, jedenfalls läuft das Meiste hier nur noch im 1. Gang mit Handbremsenunterstützung sodass wir in die Geländeuntersetzung schalten und die Sperre reinlegen An mehreren Stellen kippen wir fast, ackern aber tapfer weiter. Bei der ganzen Geschichte ist spannend, dass die Kinder, die sonst gerne bei Asphaltserpentinen kotzen, mit einem Mal schaukelnd-beschwingt zweistimmige Lieder singen! Offroad-Kinder eben! Endlich ist es geschafft: wir sind im Ort – der im Übrigen aus der anderen Himmelsrichtung von einer (ebenfalls in der Karte als weiß eingetragenen) gut ausgebauten Straße angelaufen wird und als wichtiger Skisport-Ort Albaniens angepriesen wird. Erschöpft und immer noch verwirrt-durchgeschüttelt von der Piste fragen wir die erstbesten Menschen, die wir auf der Straße treffen, auf Englisch, ob wir hier irgendwo campen können und welches Guesthouse/Restaurant gut ist. Eine Wegbeschreibung gibt es nicht, stattdessen werden wir geführt: Juliane geht mit dem Mann vor, ich fahre hinterher durch das Dorf in Hanglage, halte mich in den halsbrecherisch-steilen Kurven an Mauern (falls ich wegen der Schräglage kippen sollte habe ich so wenigstens etwas Halt) bis wir schließlich an einem halbwegs ebenen Mini-Parkplatz stehen bleiben sollen. 15 Meter weiter ist eine Kneipe in der wir dann für 23 Euro essen und trinken (Wurst, eine Riesenportion Schnecken, die nicht durch Soße oder Käse-Überbackung geschmacklich getarnt sind, dicke Bohnen, ein Berg Pommes, eine lokale Art Tzaziki, Brot, ein Riesensalat, 2 x Eis, 2 Maulbeer-Raki, 1 Kaffee, 1 Tee, 1 Bier, 1 Rotwein, 4 Limo). Die Einheimischen klopfen uns auf die Schultern das wir über die schlechte Straße gefahren sind („strong car!“).
Am Abend sitzen wir zusammen mit einem Professor für albanische Sprache, der im Dorf lebt und auch in Deutschland gelehrt hat. Am Nachbartisch spielt ein bekannter Fernsehmoderator live Gitarre für eine große Tischrunde Dorfbewohner, die fleißig mitsingen. Wir können auf dem Parkplatz übernachten. Duschen dürfen wir im Gästezimmer – kostenlos, weil der Typ, der uns hergeführt hat ein Freund des Wirtes ist. Ein ganz normaler Fahrtag in Albanien, der mit noch lange in die dunkle (und kalte) Nacht hallenden Gesängen aus der Kneipe ausklingt.

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