Campeo 4×4 von Bürstner: Noch ein Allrad-Van

Die Marke der Hymer Group will im Boom-Segment mitmischen, traut sich aber nichts Neues oder Eigenständiges

Bürstner Campeo 4x4
Bürstner Campeo 4x4
Vorsicht, entlarvender Werbesprech: „Der Campeo 4×4 sieht von außen schon nach ,Offroad‘ aus. Er unterscheidet sich optisch durch eine spezielle Produktgrafik und je nach Ausstattungs-Paket durch die Radhausverbreiterungen und All-Terrain-Bereifung.“ Wie so manche Hersteller zuvor hat nun auch die traditionsreiche Marke Bürstner das „wachsende Segment der Allrad-Vans“ erkannt und sich im Portfolio umgeschaut, welcher Wagen sich mit dem geringstmöglichen Aufwand zum Abenteuermobil umstricken lässt. Fündig wurde man bei der erst in diesem Jahr eingeführten Reihe Campeo, einem „Wohnvan“, wie Bürstner die Kastenwagenlinie beschreibt. Längs- oder Querbett im Heck, Bad und Küche in der Mitte, Sitzgruppe in der Front – ein Zwei-Personen-Camper nach bewährtem Schnittmuster. Ein optionales Aufstelldach böte zwei weitere Schlafplätze, nur bleibt von der Zuladung dann kaum genug übrig, um mit vier Personen auch auf Reisen gehen zu können.

Einmal das Übliche, bitte

Ab Februar 2021 gibt es zunächst den Campeo C540 auch mit zuschaltbarem Allradantrieb auf Citroën-Basis. Mit dieser Neuentwicklung will Bürstner Menschen ansprechen, „die mit ihrem Van auch gerne einmal abseits der Wege fahren wollen. Egal ob in den Bergen, auf Küstenstraßen oder unbefestigten Wegen.“ Dass der Wagen dazu konzeptionell nur eingeschränkt geeignet ist (warum, sehen Sie hier), wie die meisten Fahrzeuge dieser Klasse, verschweigt Bürstner.
Mit 5,40 Metern Länge ist der Van aber angenehm kurz. Zur Wahl steht ein Basispaket (140-PS-Motor, 4×4-Umrüstung, Schutzbleche für Motor und Kraftstofftank, erhöhte Bodenfreiheit, 16-Zoll-Alufelgen) oder ein Offroad-Paket (Hinterachs-Sperre, Schutz für Kraftstofftank und SCR-Katalysator, AT-Bereifung, Radlaufverbreiterungen, Fahrwerkshöherlegung um 22/60 mm).
Was eine „zusätzliche Aufrüstung mit Dreiklingen-Aufhängung“ bedeuten mag und woher die verwegene Annahme kommt, das Fahrzeug sei „so für harte Geländeeinsätze bestens gerüstet„, bleibt ungeklärt.

Mehr versprochen als das Auto halten kann

„Wir haben mit diesem kompakten Allrad-Van dem aktuellen Trend Rechnung getragen, an außergewöhnliche Plätze zu reisen“ wird Markus Pangerl, Vertriebsleiter von Bürstner, in der aktuellen Pressemitteilung zitiert. Das Problem: So viel außergewöhnlicher können die Plätze nicht sein, denn die Möglichkeiten solch umgerüsteter Vans bleiben begrenzt. Das ist im Grunde kein Problem, denn das Plus an Traktion genügt den meisten für den ersehnten Ausflug an den festen Strand, auf die rutschige Wiese oder über die schneebedeckte Straße. Ein zwei Zentimeter hochgelegtes Straßenauto mit AT-Bereifung aber als gerüstet für harte Geländeeinsätze zu beschreiben, rangiert irgendwo zwischen Fahrlässigkeit und Vorsatz. Und könnte der Branche noch böse auf die Füße fallen. Diese kokettiert zwar zurzeit liebend gern mit dem Rustikalcharme des Overlanding- und Vanlife-Lebensstils, besitzt aber nicht den Mut, die Produkte auch dementsprechend zu konstruieren und aufzubauen. Stattdessen muss es die Fassade richten: „Mit dem Paket ,Active 4′, das nur in Verbindung mit dem 4×4-Basispaket erhältlich ist, wird das Allradfahrzeug zusätzlich noch mit einem Frontschutzbügel und einer speziellen Produktaußengrafik optisch ergänzt„, kann man in der Fahrzeugbeschreibung lesen. Bullfänger und Aufkleber machen aber aus einem Wohnmobil keinen Offroad-Van.

Warum nicht die guten Dinge bewerben?

Der Campeo 4×4 kombiniert Innenraumdesign und komplette Offroad-Tauglichkeit zu einem erschwinglichen Preis“ – so  bewirbt Bürstner seinen 4×4-Van und schickt Interessenten auf eine völlig falsche Fährte. Dass der Wagen schon ab 52.030 Euro erhältlich sein soll, und damit zu einem außergewöhnlich günstigen Preis (die vollständige Preisliste liegt der Reaktion noch nicht vor, Stand 11.12.2020), überliest man dabei beinahe, schließlich fährt man den Van ja in Gedanken bereits quer durch die Mongolei. In Wahrheit kann der Campeo 4×4 ein attraktiver Einsteig in die Welt des Offroad-Reisens sein, mit ersten Fahrten auf unbefestigten Pisten und sandigen Tracks. Hier punkten die Serienmobile mit schneller Verfügbarkeit und gutem Preis-Leistungs-Verhältnis. „Harte Geländeeinsätze“ werden sie jedoch niemals überstehen – egal welche Sticker der Hersteller auf die Seiten klebt.
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