Vom Kaukasus hat jeder schon einmal gehört, aber was einen dort erwartet, weiß kaum jemand. Unterwegs zwischen Europas Dach und dem Anfang des Orients, zwischen Winter und Frühling
Der Tiefschnee Georgiens lässt viele Fernreisende nicht mehr so schnell los. Auch wir sinken immer tiefer darin ein und verbringen den Winter zwischen Orient und Okzident, denn Georgien liegt an der Grenze zwischen Europa und Asien – mitten auf dem Landweg nach Indien. Ein kleiner Staat am Rande großer Weltreiche, der auf eine jahrtausendealte Geschichte zurückblickt, stets im Kampf um Freiheit und Unabhängigkeit, die er erst nach dem Zerfall der Sowjetunion erreichte. Genügend Stoff also für unzählige Heldengeschichten. Und die konnten in keiner malerischeren Kulisse stattfinden: Georgien ist berüchtigt für sein gewaltiges Faltengebirge, bizarre Felsformationen, weite Steppen und wilde Naturreservate. Im Winter verzaubern Frost und Eiseskälte die archaische Szenerie: Halbwüsten verwandeln sich in glitzernde Flächen, gefrorene Wasserkaskaden zieren Felswände, und im Großen und Kleinen Kaukasus fallen, von Dezember bis April, gewaltige Mengen Schnee. Die Straßenbegebenheiten sind dementsprechend eine Herausforderung, im Winter fahren die Georgier oft mit weniger als einem Bar auf den Reifen ihrer Lkw. Glücklicherweise sind in der Hauptstadt Tiflis günstige Schneeketten erhältlich – eine Investition, die sich im georgischen Winter lohnt. Nachts kann es im Kaukasus bis zu minus 30 Grad kalt werden, was die Warmwasserversorgung manchmal ins Stocken geraten lässt. Aber nicht nur das Wasser erreicht schnell den Gefrierpunkt. Der Unimog ist innerhalb weniger Tage so stark eingeschneit und von Eis überzogen, dass der Dieselkraftstoff versulzt. Der Motor tut sich beim Startversuch sichtlich schwer, und es dauert Minuten, bis er unter einer riesigen Abgaswolke schließlich doch zum Leben erwacht. Und so kann die Erkundung Georgiens weitergehen.
