Ein Allrad-Sprinter der Extraklasse: Der Bocklet Dakar 750

Lange Kabinen und große Zuladung – das sind nicht die Stärken des Mercedes Sprinter. Von Oberaigner auf 6×6-Antrieb aufgerüstet, wird er aber interessant. Der Bocklet Dakar 750 ist eine spannende Interpretation, gut für ausgedehnte Touren zu zweit.

Überhang ist schlecht. Je weiter eine Kabine über die Hinterachse hinausragt, desto ungünstiger werden die Fahreigenschaften auf der Straße und im Gelände. Der Sprinter bietet in den schweren Baureihen zwar ausreichend Zuladungsreserven – in Wohnraum lässt sich das aber nicht verwandeln.

Hinzu kommt, dass die Fahrgestelle mit fünf Tonnen zulässigem Gesamtgewicht an der Hinterachse mit Zwillingsreifen bestückt werden müssen, um die Last tragen zu können. Offroad und auf Pisten keine optimale Lösung.

Das dachte sich auch Oberaigner, Hauslieferant von Mercedes-Benz für alle Allrad-Komponenten in der Transporter-Klasse. Hatte das Unternehmen aus Österreich schon immer zusätzliche Komponenten in petto, die nachträglich montiert werden konnten – vergleichbar mit Umrüstern wie Iglhaut und Achleitner – wurde beim Allrad Sprinter 6×6 grundlegend neu überlegt. Hier ersetzt Oberaigner die Standard-Hinterachse und montiert stattdessen eine Doppelpendel-Achsaufhängung, die dabei mitwirken soll, die Torsion des Hauptrahmens zu reduzieren. Und damit nicht genug: Statt Zuschalt-Allrad verbaut Oberaigner einen permanenten Antrieb, der ein Drittel der 190 PS und 440 Newtonmeter Drehmoment an die Vorderachse leitet. Bis zu fünf mechanische Differenzialsperren (zweimal längs, dreimal quer) sichern den Vortrieb in jedem Terrain, für die Bodenhaftung stehen 285/75-R16-All-Terrain-Reifen zur Verfügung, alternativ die etwas kleineren 285/65-er.

 

Dieses Setup sorgt für eine Zulade-Kapazität von bis zu vier Tonnen, das nackte Fahrgestell bringt drei Tonnen auf die Waage. Der Allrad Sprinter 6×6 – eine exotische, aber nicht ganz günstige Lösung, die nach anfänglichen Verzögerungen durch den Umzug der Produktion nach Rostock immer öfter von Aufbauherstellern als Basis aufgegriffen wird. So haben schon Bimobil, Krug Expedition und nun auch Bocklet erste Einzelbauten auf den kleinen 6×6 gesetzt.

Beim Koblenzer Familienbetrieb Bocklet hört diese Schöpfung auf den Namen Bocklet Dakar 750. Sie sieht mit ihrer Fünf-Meter-Kabine, normalerweise die Domäne ausgewachsener Lkw, richtig gut aus. Dank Einzelkabine und 3,95 Meter Radstand (plus 1,1 Meter zur dritten Achse) fällt der Überhang am Heck moderat aus, der Böschungswinkel sollte dem Bocklet Dakar 750 jedenfalls kaum Grenzen aufzeigen.

Überhaupt: Sitzt man einmal hinter dem Steuer, schrumpft das große Reisefahrzeug gefühlt auf Kastenwagenformat, man merkt kaum einen Unterschied zum normalen Allrad Sprinter. Zumindest so lange nicht, bis ein Wendemanöver auf engem Raum ansteht. Dann spürt und hört man die Doppelachse mit den weichen, dicken AT-Reifen über den Boden radieren. 19,5 Meter Wendekreis sind nicht von schlechten Eltern, der Abstand zwischen den 285/75 großen 16-Zoll-Rädern sorgt zudem für einen nur knappen Rampenwinkel von gerade mal 23 Grad.

Doch der lange Bocklet Dakar 750 will gar kein extremer Offroader sein, das können andere Fahrzeuge besser, und auch eine Fünf-Meter-Kabine verweist auf andere Prioritäten.

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