Mythos Marokko

Wasser – 14 Kilometer weit. Wie der Bodensee an seiner breitesten Stelle. Die Straße von Gibraltar trennt Europa von dem beliebtesten Reiseziel der Overlander-Gemeinde: Marokko. 14 Kilometer, die gleichbedeutend sind mit einer Fahrt in eine andere Welt. So aufregend, exotisch und abenteuerlich wie kein anderes Ziel, das so nah an Mitteleuropa grenzt.

Erstaunlich ist, dass sich an der Faszination seit Jahrzehnten nichts geändert hat. „Wer zum ersten Mal nach Marokko reist, wird es lieben oder hassen – oder beides“, heißt es. Egal, ob 1984 oder 2014. Und das, obwohl sich der Staat am nordwestlichsten Zipfel Afrikas permanent weiterentwickelt. Infrastruktur, Landwirtschaft, Handel, Tourismus, alles geht voran – mitunter ist der Mobilfunkempfang in den Dünen des Erg Chegaga sogar besser als auf der Autobahn zwischen Hamburg und Berlin. Und trotzdem bewahrt sich Marokko seinen einzigartigen Charme.

Der lebt zunehmend von der Kluft zwischen Mittelalter und Moderne, überspitzt formuliert. Während man sich in Metropolen wie Casablanca und Rabat mitunter fühlt wie in einer europäischen Großstadt, begegnet man wenige Autostunden weiter östlich zurückgezogen lebenden Berbern, ohne Kenntnisse über Schrift oder das politische Geschehen außerhalb der Dorfgemeinschaft. Und noch einmal eine Tagesreise weiter östlich ist man abseits der Straßen irgendwann gänzlich auf sich allein gestellt. Bunkert Trinkwasser an tiefen, handbetriebenen Brunnen, kauft Obst und Gemüse direkt vom Erzeuger, das dieser dem oft kargen Boden ohne technische Hilfsmittel abgerungen hat. Der älteste Sohn des Landwirts fotografiert den Handel derweil mit der Handykamera.

Dieser stete Wechsel macht die Reise durch Marokkos Landschaften aufregend und abwechslungsreich. Zugleich wird die Fahrt immer leichter: Pisten werden befestigt, Strecken asphaltiert und Campingplätze eröffnet.

Ein Teil des Mythos mag mit dem nächsten Satz verloren gehen: Schon lange braucht man kein Allradfahrzeug mehr, um Marokko zu entdecken. Hilfreich bleibt es aber allemal. Denn das Land ist so groß und zersiedelt, dass es noch lange Zeit Ecken geben wird, die einem das Gefühl vermitteln, dort der erste Tourist zu sein. Selbst wenn jeder weiß, dass das nicht stimmt – der Souvenirverkäufer sowieso.

Das macht eine Reise durch Marokko nicht weniger wertvoll. Landschaft, Abwechslung, Architektur, Menschen – es bleibt ein Schmelztiegel arabischer, europäischer und afrikanischer Exotik, wie man ihn woanders nicht findet. Und wer ein paar Wochen Zeit mitbringt, um das mehr als 3000 Kilometer lange Land in Ruhe zu entdecken, wird schnell merken, dass Reisende im eigenen Fahrzeug noch immer sehr privilegiert sind. Sie können den eingefahrenen Touristenrouten leicht und schnell entfliehen – wenn sie wollen.

Denn wirklich komplett ist eine Marokko-Reise nur dann, wenn man auch einige Klassiker besucht hat. Eine oder zwei der Königsstädte mit ihren Medinas, Medersen und Märkten zum Beispiel. Eine der tiefsten Höhlen Nordafrikas, die Dünenfelder des Erg Chebbi oder des Erg Chegaga, die Schluchten des Hohen und Mittleren Atlas oder die blaue Farbenpracht Chefchaouens oder Essaouiras.

Doch Marokko hat mehr zu bieten als Klassiker. Wir haben an dieser Stelle vier spannende Offroad-Routen zusammengestellt, die einmal einen Besuch wert sind.

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